https://www.adhspedia.de/api.php?action=feedcontributions&user=Drei&feedformat=atomADHSpedia - Benutzerbeiträge [de-formal]2024-03-29T09:51:40ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.39.1https://www.adhspedia.de/index.php?title=Benutzer_Diskussion:Drei&diff=27634Benutzer Diskussion:Drei2021-06-28T11:29:55Z<p>Drei: /* Studien */</p>
<hr />
<div>'''Willkommen bei ''ADHSpedia''!'''<br />
Wir hoffen, dass Sie viele gute Informationen beisteuern.<br />
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Nochmal: Willkommen und viel Spaß! [[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 00:34, 4. Okt. 2019 (CEST)<br />
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== Bitte signiere deine Beiträge ==<br />
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Lieber Drei,<br />
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danke, dass du so fleißig im Wiki mitarbeitest :-) Bitte achte aber darauf, in den Diskussionsseiten deine Beiträge zu signieren. Das geht über den "Signatur und Zeitstempel"-Button oder mit zwei Bindestrichen und vier Tilden. Danke! --[[Benutzer:Apotheker|Apotheker]] ([[Benutzer Diskussion:Apotheker|Diskussion]]) 08:53, 15. Jan. 2020 (CET)<br />
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Danke für die Info, das probiere ich doch gleich mal aus --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 16:42, 15. Jan. 2020 (CET)<br />
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Perfekt! Weiterhin gute Zusammenarbeit. --[[Benutzer:Apotheker|Apotheker]] ([[Benutzer Diskussion:Apotheker|Diskussion]]) 17:44, 16. Jan. 2020 (CET)<br />
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== Lob ==<br />
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Hallo Drei,<br />
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du führst in letzter Zeit vorbildliche Edits durch (siehe: [[Cannabis und ADHS]]). Danke dafür. --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 05:44, 11. Mai 2020 (CEST)<br />
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Hallo DK,<br />
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danke für die Blumen und danke, dass ihr dieses tolle Projekt am Laufen haltet 🙂 Vielleicht traue ich mich bald an eine mutigere Änderung und erstelle eine eigene Seite für Cannabis flos / Medizinalcannabisblüten... --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 20:29, 11. Mai 2020 (CEST)<br />
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Du kannst gerne auch neue Seiten erstellen. Da du aber noch kein Sichter bist, wäre es dann günstig, wenn du uns über die Neuerstellung informierst, damit wir die Seite freischalten können. Die Idee mit den Cannabis flos hört sich gut an. Lässt sich das denn aus deiner Sicht im ADHS-Kontext ausreichend fundieren? --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 03:35, 13. Mai 2020 (CEST)<br />
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Hauptsächlich wollte ich dafür eine eigene Seite, damit ich von den Studien aus hinverlinken kann. Habe jetzt aber herausgefunden, wie das relativ elegant innerhalb des Artikels funktioniert. Ich würde es daher erst einmal bei der Sektion im Artikel belassen. --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 09:14, 13. Mai 2020 (CEST)<br />
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Alles klar. Danke dir. --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 16:55, 13. Mai 2020 (CEST)<br />
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==Lob 2==<br />
Ich glaube, es ist bald mal Zeit, dir Sichter-Recht zu verleihen ;-) --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 01:43, 6. Okt. 2020 (CEST)<br />
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Oh, danke, das würde mich natürlich freuen :-) --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 15:32, 6. Okt. 2020 (CEST)<br />
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== Studien ==<br />
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Hey Drei,<br />
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gibt's da in Bezug auf Cannabis und ADHS mittlerweile nicht irgendwie mittlerweile was Höherwertigeres an Studien? Metastudien oder so? --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 03:48, 26. Jun. 2021 (CEST)<br />
<br />
Hey, insgesamt kenne ich drei Metastudien, von denen zwei ja schon weiter unten im Bereich "Kritik" angerissen wurden. Ich schlage vor, wir erstellen bei den Studien eine Unterkategorie "Metastudien", in der wir die drei Metastudien jeweils einzeln vorstellen (dafür würde ich den Teil, der jetzt unter "Kritik" steht, nach Oben ziehen). <br />
<br />
Die besagten Metastudien sind aber alle drei nicht gerade herausragend (siehe dazu auch der Kommentar von Frau Kirsten Müller-Vahl im kürzlich verlinkten Facebook-Video). 'Unsere' Liste im Artikel ist inzwischen ausführlicher als jede mir bekannte Metastudie.<br />
<br />
Btw: Man könnte, wenn man sowieso schon mit Unterkategorien anfängt, eine weitere Unterkategorie "Fallberichte" erstellen. --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 13:29, 28. Jun. 2021 (CEST)</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Benutzer_Diskussion:Drei&diff=27633Benutzer Diskussion:Drei2021-06-28T11:26:01Z<p>Drei: /* Studien */</p>
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Lieber Drei,<br />
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Danke für die Info, das probiere ich doch gleich mal aus --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 16:42, 15. Jan. 2020 (CET)<br />
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== Lob ==<br />
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Hallo Drei,<br />
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du führst in letzter Zeit vorbildliche Edits durch (siehe: [[Cannabis und ADHS]]). Danke dafür. --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 05:44, 11. Mai 2020 (CEST)<br />
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Hallo DK,<br />
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danke für die Blumen und danke, dass ihr dieses tolle Projekt am Laufen haltet 🙂 Vielleicht traue ich mich bald an eine mutigere Änderung und erstelle eine eigene Seite für Cannabis flos / Medizinalcannabisblüten... --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 20:29, 11. Mai 2020 (CEST)<br />
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Hauptsächlich wollte ich dafür eine eigene Seite, damit ich von den Studien aus hinverlinken kann. Habe jetzt aber herausgefunden, wie das relativ elegant innerhalb des Artikels funktioniert. Ich würde es daher erst einmal bei der Sektion im Artikel belassen. --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 09:14, 13. Mai 2020 (CEST)<br />
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==Lob 2==<br />
Ich glaube, es ist bald mal Zeit, dir Sichter-Recht zu verleihen ;-) --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 01:43, 6. Okt. 2020 (CEST)<br />
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== Studien ==<br />
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Hey Drei,<br />
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gibt's da in Bezug auf Cannabis und ADHS mittlerweile nicht irgendwie mittlerweile was Höherwertigeres an Studien? Metastudien oder so? --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 03:48, 26. Jun. 2021 (CEST)<br />
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Hey, insgesamt kenne ich drei Metastudien, von denen zwei ja schon weiter unten im Bereich "Kritik" angerissen wurden. Ich schlage vor, wir erstellen bei den Studien eine Unterkategorie "Metastudien", in der wir die drei Metastudien vorstellen. Die sind aber alle drei nicht gerade herausragend (siehe dazu auch der Kommentar von Frau Kirsten Müller-Vahl im kürzlich verlinkten Facebook-Video). 'Unsere' Liste im Artikel ist inzwischen ausführlicher als jede mir bekannte Metastudie.<br />
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Man könnte, wenn man sowieso schon mit Unterkategorien anfängt, eine weitere Unterkategorie "Fallberichte" erstellen. --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 13:25, 28. Jun. 2021 (CEST)</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=27629Cannabis und ADHS2021-06-24T10:55:39Z<p>Drei: Diese Studie von Frau Milz ist etwas weniger bekannt. Sie wurde als Poster auf der IACM 9th Conference on Cannabinoids in Medicine vorgestellt. Vermutlich ist es ein Vorläufer der Studie von 2018, der andere Akzente setzt und als Ergänzung fungieren kann.</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Google-Suche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 individuelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei ADHS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei ADHS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Ein Poster von [[Eva Maria Milz|Milz]] auf der IACM 9th Conference on Cannabinoids in Medicine (2017)<ref>[https://www.researchgate.net/publication/331630117_Treatment_with_Cannabis_Flowers_in_adult_ADHD Treatment with Cannabis Flowers in adult ADHD]</ref> beschreibt Erfahrungen aus der Behandlung von 18 erwachsenen ADHS-Patienten mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Medizinalcannabisblüten]]. Dabei wurden die Patienten dazu angehalten, mehrmals über den Tag verteilt kleine Dosen zu sich zu nehmen. Diese Form der Einnahme wirkte sich bei den meisten Teilnehmern vorteilhaft aus, ohne dass sich die täglich einigenommene Gesamtdosis erhöhte. Etwa 60% der Patienten berichteten, dass die zusätzliche Gabe von CBD hilfreich sei. Alle Patienten berichteten von einer besseren generellen Lebensqualität unter Einnahme von Cannabis Flos.<br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die ADHS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
In einer Studie zur Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms aus dem Jahr 2017<ref>[https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness andTolerability for Adults With Tourette Syndrome]</ref> wurden 19 Probanden, die mit medizinisches Cannabis behandelt wurden, zu ihrem Symptomen im nüchternen Zustand und unter Einnahme eines Cannabispräparats befragt. Eine Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter war bei 11 der Patienten als Komorbidität vorhanden. Daher wurden auch Symptome der ADHS anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> abgefragt. Dabei zeigte sich bei 13 Teilnehmern im nüchternen Zustand ein ASRS-Wert, der die Kriterien für adultes ADHS erfüllte. Während der Behandlung mit einem medizinschen Cannabispräparat zeigte nur noch ein Patient einen ASRS-Wert, der ADHS im Erwachsenenalter nahelegen würde (p < 0.001).<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die ADHS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedica von Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
*[[image:tv.png]][https://www.healthtv.de/sendungen/52/Kleine_Reportage/1184/Cannabis_auf_Rezept.html Cannabis auf Rezept], kleine Reportage von Health TV mit einem ADHS-Patienten<br />
<br />
===YouTube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., YouTube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, YouTube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, YouTube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], YouTube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
===Facebook Video (extern)===<br />
*[[image:tv.png]] Prof.in Dr. Kirsten Müller-Vahl: [https://www.facebook.com/csc.sudtirolo/videos/216947916906829 „Behandlung der ADHS mit Cannabis-basierten Arnzeimitteln“], Facebook-Video vom Cannabis Social Club Bozen, veröffentlicht am 01.06.2021<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2019): [https://www.psychologie-aktuell.com/journale/rausch/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2019-3.html Behandlung von ADHS mit Cannabinoiden]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Abi-Jaoude, Elia et al. (2017): [https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness and Tolerability for Adults With Tourette Syndrome]<br />
*[[image:pdf.png]]Milz E. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/331630117_Treatment_with_Cannabis_Flowers_in_adult_ADHD Treatment with Cannabis Flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=27628Cannabis und ADHS2021-06-24T09:08:49Z<p>Drei: Diese Studie von Frau Milz ist etwas weniger bekannt. Sie wurde als Poster auf der IACM 9th Conference on Cannabinoids in Medicine vorgestellt.</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Google-Suche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 individuelel Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei ADHS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei ADHS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die ADHS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
In einer Studie zur Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms aus dem Jahr 2017<ref>[https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness andTolerability for Adults With Tourette Syndrome]</ref> wurden 19 Probanden, die mit medizinisches Cannabis behandelt wurden, zu ihrem Symptomen im nüchternen Zustand und unter Einnahme eines Cannabispräparats befragt. Eine Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter war bei 11 der Patienten als Komorbidität vorhanden. Daher wurden auch Symptome der ADHS anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> abgefragt. Dabei zeigte sich bei 13 Teilnehmern im nüchternen Zustand ein ASRS-Wert, der die Kriterien für adultes ADHS erfüllte. Während der Behandlung mit einem medizinschen Cannabispräparat zeigte nur noch ein Patient einen ASRS-Wert, der ADHS im Erwachsenenalter nahelegen würde (p < 0.001).<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die ADHS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedica von Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
*[[image:tv.png]][https://www.healthtv.de/sendungen/52/Kleine_Reportage/1184/Cannabis_auf_Rezept.html Cannabis auf Rezept], kleine Reportage von Health TV mit einem ADHS-Patienten<br />
<br />
===YouTube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., YouTube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, YouTube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, YouTube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], YouTube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
===Facebook Video (extern)===<br />
*[[image:tv.png]] Prof.in Dr. Kirsten Müller-Vahl: [https://www.facebook.com/csc.sudtirolo/videos/216947916906829 „Behandlung der ADHS mit Cannabis-basierten Arnzeimitteln“], Facebook-Video vom Cannabis Social Club Bozen, veröffentlicht am 01.06.2021<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2019): [https://www.psychologie-aktuell.com/journale/rausch/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2019-3.html Behandlung von ADHS mit Cannabinoiden]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Abi-Jaoude, Elia et al. (2017): [https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness and Tolerability for Adults With Tourette Syndrome]<br />
*[[image:pdf.png]]Milz E. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/331630117_Treatment_with_Cannabis_Flowers_in_adult_ADHD Treatment with Cannabis Flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Eva_Maria_Milz&diff=27627Eva Maria Milz2021-06-24T09:06:49Z<p>Drei: Diese Studie von Frau Milz ist etwas weniger bekannt. Sie wurde als Poster auf der IACM 9th Conference on Cannabinoids in Medicine vorgestellt.</p>
<hr />
<div>[[image:Eva Milz.jpg|thumbnail|Eva Maria Milz]]<br />
'''Eva Maria Milz''' ist eine promovierte<ref>http://publications.rwth-aachen.de/record/52559</ref> Wissenschaftlerin und Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte liegt im Bereich des [[Cannabis|medizinischen Cannabis]] als [[Medikamente|Arzneimittel]] auch in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]]. Milz lebt in Berlin und ist dort in privatärztlicher Praxis tätig.<br />
<br />
==Leben und Wirken==<br />
Milz studierte Medizin in Aachen, Köln und Stellenbosch, Südafrika.<ref>Nachfolgende Informationen siehe: https://www.xing.com/profile/EvaMaria_Milz</ref> Im Jahr 2000 erlangte sie ihre Approbation, 2013 schloss sie ihre Weiterbildung (Psychiatrie, [[Psychotherapie]], [[Somatisierungsstörung|Psychosomatik]]) ab. Nach Beschäftigungen an der Universität Köln, der BSMO GmbH (ehemals BertelsmannSpringer Medizin Online) und einer Beschäftigung als Konsiliarpsychiaterin im Unfallkrankenhaus Berlin ist Milz seit 2015 in eigener Privatpraxis in Berlin tätig. Seit 2002 ist sie als medizinische Beraterin bei der delphi-Gesellschaft aktiv. <br />
<br />
Ein Forschungsschwerpunkt von Milz liegt in der Erforschung des Endocannabinoid-Systems und in der Wirksamkeit von [[Cannabis|medizinischem Cannabis]]. So veröffentlichte sie im Jahr 2015 gemeinsam mit [[Franjo Grotenhermen]] eine Untersuchung, in welcher die Wirksamkeit von medizinischem Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] untersucht wurde.<ref>http://www.drmilz.de/thema/cannabis/</ref><ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref><br />
<br />
==Weitere Aktivitäten==<br />
*Mitglied der DGPPN<br />
*Mitglied der IACM<br />
*Wissenschaftlicher Beirat bei [[Über ADHSpedia|ADHSpedia]]<br />
<br />
==Siehe auch==<br />
*[[Cannabis|Cannabis und ADHS]]<br />
*[[Franjo Grotenhermen]]<br />
<br />
==Wissenschaftliche Publikationen==<br />
*Milz E. (2019): [https://www.psychologie-aktuell.com/journale/rausch/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2019-3.html Behandlung von ADHS mit Cannabinoiden]<br />
*[[image:pdf.png]]Milz E. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Milz E. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/331630117_Treatment_with_Cannabis_Flowers_in_adult_ADHD Treatment with Cannabis Flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Milz E., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image: Yt.png]] [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw&t=48s Dr. med. Eva Milz: Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS). Vortrag vom 13.05.2017, Frankfurt a.M.] (Youtube-Video)<br />
<br />
==Einzelnachweise==<br />
<references /></div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=27616Cannabis und ADHS2021-06-18T15:56:24Z<p>Drei: Fernseh-Icon bei Facebook-Video-Beitrag eingefügt</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
In einer Studie zur Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms aus dem Jahr 2017<ref>[https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness andTolerability for Adults With Tourette Syndrome]</ref> wurden 19 Probanden, die mit medizinisches Cannabis behandelt wurden, zu ihrem Symptomen im nüchternen Zustand und unter Einnahme eines Cannabispräparats befragt. Eine Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter war bei 11 der Patienten als Komorbidität vorhanden. Daher wurden auch Symptome der ADHS anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> abgefragt. Dabei zeigte sich bei 13 Teilnehmern im nüchternen Zustand ein ASRS-Wert, der die Kriterien für adultes ADHS erfüllte. Während der Behandlung mit einem medizinschen Cannabispräparat zeigte nur noch ein Patient einen ASRS-Wert, der ADHS im Erwachsenenalter nahelegen würde (p < 0.001).<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die AHDS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedica von Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
*[[image:tv.png]][https://www.healthtv.de/sendungen/52/Kleine_Reportage/1184/Cannabis_auf_Rezept.html Cannabis auf Rezept], kleine Reportage von Health TV mit einem ADHS-Patienten<br />
<br />
===YouTube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., YouTube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, YouTube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, YouTube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], YouTube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
===Facebook Video (extern)===<br />
*[[image:tv.png]] Prof.in Dr. Kirsten Müller-Vahl: [https://www.facebook.com/csc.sudtirolo/videos/216947916906829 „Behandlung der ADHS mit Cannabis-basierten Arnzeimitteln“], Facebook-Video vom Cannabis Social Club Bozen, veröffentlicht am 01.06.2021<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2019): [https://www.psychologie-aktuell.com/journale/rausch/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2019-3.html Behandlung von ADHS mit Cannabinoiden]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Abi-Jaoude, Elia et al. (2017): [https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness and Tolerability for Adults With Tourette Syndrome]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=27615Cannabis und ADHS2021-06-18T15:52:09Z<p>Drei: Leider ist das Video nur auf Facebook verfügbar, aber dieser Vortrag von Prof.in Dr. Kirsten Müller-Vahl ist wirklich sehr gut.</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
In einer Studie zur Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms aus dem Jahr 2017<ref>[https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness andTolerability for Adults With Tourette Syndrome]</ref> wurden 19 Probanden, die mit medizinisches Cannabis behandelt wurden, zu ihrem Symptomen im nüchternen Zustand und unter Einnahme eines Cannabispräparats befragt. Eine Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter war bei 11 der Patienten als Komorbidität vorhanden. Daher wurden auch Symptome der ADHS anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> abgefragt. Dabei zeigte sich bei 13 Teilnehmern im nüchternen Zustand ein ASRS-Wert, der die Kriterien für adultes ADHS erfüllte. Während der Behandlung mit einem medizinschen Cannabispräparat zeigte nur noch ein Patient einen ASRS-Wert, der ADHS im Erwachsenenalter nahelegen würde (p < 0.001).<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die AHDS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedica von Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
*[[image:tv.png]][https://www.healthtv.de/sendungen/52/Kleine_Reportage/1184/Cannabis_auf_Rezept.html Cannabis auf Rezept], kleine Reportage von Health TV mit einem ADHS-Patienten<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
===Facebook (extern)===<br />
* Prof.in Dr. Kirsten Müller-Vahl: [https://www.facebook.com/csc.sudtirolo/videos/216947916906829 „Behandlung der ADHS mit Cannabis-basierten Arnzeimitteln“], Facebook-Video vom Cannabis Social Club Bozen, veröffentlicht am 01.06.2021<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2019): [https://www.psychologie-aktuell.com/journale/rausch/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2019-3.html Behandlung von ADHS mit Cannabinoiden]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Abi-Jaoude, Elia et al. (2017): [https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness and Tolerability for Adults With Tourette Syndrome]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=27614Cannabis und ADHS2021-06-18T15:50:36Z<p>Drei: Änderung 27613 von Drei (Diskussion) rückgängig gemacht.</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
In einer Studie zur Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms aus dem Jahr 2017<ref>[https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness andTolerability for Adults With Tourette Syndrome]</ref> wurden 19 Probanden, die mit medizinisches Cannabis behandelt wurden, zu ihrem Symptomen im nüchternen Zustand und unter Einnahme eines Cannabispräparats befragt. Eine Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter war bei 11 der Patienten als Komorbidität vorhanden. Daher wurden auch Symptome der ADHS anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> abgefragt. Dabei zeigte sich bei 13 Teilnehmern im nüchternen Zustand ein ASRS-Wert, der die Kriterien für adultes ADHS erfüllte. Während der Behandlung mit einem medizinschen Cannabispräparat zeigte nur noch ein Patient einen ASRS-Wert, der ADHS im Erwachsenenalter nahelegen würde (p < 0.001).<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die AHDS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedica von Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
*[[image:tv.png]][https://www.healthtv.de/sendungen/52/Kleine_Reportage/1184/Cannabis_auf_Rezept.html Cannabis auf Rezept], kleine Reportage von Health TV mit einem ADHS-Patienten<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2019): [https://www.psychologie-aktuell.com/journale/rausch/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2019-3.html Behandlung von ADHS mit Cannabinoiden]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Abi-Jaoude, Elia et al. (2017): [https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness and Tolerability for Adults With Tourette Syndrome]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=27613Cannabis und ADHS2021-06-18T15:48:51Z<p>Drei: Sehr guter Vortrag von Prof.in Dr. Kirsten Müller-Vahl , enthält viel Material, das wir dem Artikel hinfügen können.</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
In einer Studie zur Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms aus dem Jahr 2017<ref>[https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness andTolerability for Adults With Tourette Syndrome]</ref> wurden 19 Probanden, die mit medizinisches Cannabis behandelt wurden, zu ihrem Symptomen im nüchternen Zustand und unter Einnahme eines Cannabispräparats befragt. Eine Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter war bei 11 der Patienten als Komorbidität vorhanden. Daher wurden auch Symptome der ADHS anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> abgefragt. Dabei zeigte sich bei 13 Teilnehmern im nüchternen Zustand ein ASRS-Wert, der die Kriterien für adultes ADHS erfüllte. Während der Behandlung mit einem medizinschen Cannabispräparat zeigte nur noch ein Patient einen ASRS-Wert, der ADHS im Erwachsenenalter nahelegen würde (p < 0.001).<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die AHDS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedica von Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
*[[image:tv.png]][https://www.healthtv.de/sendungen/52/Kleine_Reportage/1184/Cannabis_auf_Rezept.html Cannabis auf Rezept], kleine Reportage von Health TV mit einem ADHS-Patienten<br />
<br />
===Facebook (extern)===<br />
* Vortrag [https://www.facebook.com/csc.sudtirolo/videos/216947916906829 „Behandlung der ADHS mit Cannabis-basierten Arnzeimitteln“], Facebook-Video vom Cannabis Social Club Bozen mit Vortrag von Prof.in Dr. Kirsten Müller-Vahl, veröffentlicht am 01.06.2021<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2019): [https://www.psychologie-aktuell.com/journale/rausch/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2019-3.html Behandlung von ADHS mit Cannabinoiden]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Abi-Jaoude, Elia et al. (2017): [https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness and Tolerability for Adults With Tourette Syndrome]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Eva_Maria_Milz&diff=27421Eva Maria Milz2021-03-12T09:51:10Z<p>Drei: /* Wissenschaftliche Publikationen */</p>
<hr />
<div>[[image:Eva Milz.jpg|thumbnail|Eva Maria Milz]]<br />
'''Eva Maria Milz''' ist eine promovierte<ref>http://publications.rwth-aachen.de/record/52559</ref> Wissenschaftlerin und Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte liegt im Bereich des [[Cannabis|medizinischen Cannabis]] als [[Medikamente|Arzneimittel]] auch in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]]. Milz lebt in Berlin und ist dort in privatärztlicher Praxis tätig.<br />
<br />
==Leben und Wirken==<br />
Milz studierte Medizin in Aachen, Köln und Stellenbosch, Südafrika.<ref>Nachfolgende Informationen siehe: https://www.xing.com/profile/EvaMaria_Milz</ref> Im Jahr 2000 erlangte sie ihre Approbation, 2013 schloss sie ihre Weiterbildung (Psychiatrie, [[Psychotherapie]], [[Somatisierungsstörung|Psychosomatik]]) ab. Nach Beschäftigungen an der Universität Köln, der BSMO GmbH (ehemals BertelsmannSpringer Medizin Online) und einer Beschäftigung als Konsiliarpsychiaterin im Unfallkrankenhaus Berlin ist Milz seit 2015 in eigener Privatpraxis in Berlin tätig. Seit 2002 ist sie als medizinische Beraterin bei der delphi-Gesellschaft aktiv. <br />
<br />
Ein Forschungsschwerpunkt von Milz liegt in der Erforschung des Endocannabinoid-Systems und in der Wirksamkeit von [[Cannabis|medizinischem Cannabis]]. So veröffentlichte sie im Jahr 2015 gemeinsam mit [[Franjo Grotenhermen]] eine Untersuchung, in welcher die Wirksamkeit von medizinischem Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] untersucht wurde.<ref>http://www.drmilz.de/thema/cannabis/</ref><ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref><br />
<br />
==Weitere Aktivitäten==<br />
*Mitglied der DGPPN<br />
*Mitglied der IACM<br />
*Wissenschaftlicher Beirat bei [[Über ADHSpedia|ADHSpedia]]<br />
<br />
==Siehe auch==<br />
*[[Cannabis|Cannabis und ADHS]]<br />
*[[Franjo Grotenhermen]]<br />
<br />
==Wissenschaftliche Publikationen==<br />
*Milz E. (2019): [https://www.psychologie-aktuell.com/journale/rausch/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2019-3.html Behandlung von ADHS mit Cannabinoiden]<br />
*[[image:pdf.png]]Milz E. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Milz E., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image: Yt.png]] [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw&t=48s Dr. med. Eva Milz: Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS). Vortrag vom 13.05.2017, Frankfurt a.M.] (Youtube-Video)<br />
<br />
==Einzelnachweise==<br />
<references /></div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=27420Cannabis und ADHS2021-03-12T09:50:09Z<p>Drei: Artikel von Milz hinzugefügt, dieser ist aber eher als Übersichtsarbeit inkl. historischer Abhandlung zu sehen, bin noch unschlüssig ob auch eine Erwähnung in der Übersicht zur Studienlage sinnvoll erscheint</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
In einer Studie zur Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms aus dem Jahr 2017<ref>[https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness andTolerability for Adults With Tourette Syndrome]</ref> wurden 19 Probanden, die mit medizinisches Cannabis behandelt wurden, zu ihrem Symptomen im nüchternen Zustand und unter Einnahme eines Cannabispräparats befragt. Eine Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter war bei 11 der Patienten als Komorbidität vorhanden. Daher wurden auch Symptome der ADHS anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> abgefragt. Dabei zeigte sich bei 13 Teilnehmern im nüchternen Zustand ein ASRS-Wert, der die Kriterien für adultes ADHS erfüllte. Während der Behandlung mit einem medizinschen Cannabispräparat zeigte nur noch ein Patient einen ASRS-Wert, der ADHS im Erwachsenenalter nahelegen würde (p < 0.001).<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die AHDS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedica von Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
*[[image:tv.png]][https://www.healthtv.de/sendungen/52/Kleine_Reportage/1184/Cannabis_auf_Rezept.html Cannabis auf Rezept], kleine Reportage von Health TV mit einem ADHS-Patienten<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2019): [https://www.psychologie-aktuell.com/journale/rausch/bisher-erschienen/inhalt-lesen/2019-3.html Behandlung von ADHS mit Cannabinoiden]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Abi-Jaoude, Elia et al. (2017): [https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness and Tolerability for Adults With Tourette Syndrome]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=27204Cannabis und ADHS2020-12-02T15:46:20Z<p>Drei: Reportage von Health TV hinzugefügt zu "Film und Fernsehen"</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
In einer Studie zur Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms aus dem Jahr 2017<ref>[https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness andTolerability for Adults With Tourette Syndrome]</ref> wurden 19 Probanden, die mit medizinisches Cannabis behandelt wurden, zu ihrem Symptomen im nüchternen Zustand und unter Einnahme eines Cannabispräparats befragt. Eine Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter war bei 11 der Patienten als Komorbidität vorhanden. Daher wurden auch Symptome der ADHS anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> abgefragt. Dabei zeigte sich bei 13 Teilnehmern im nüchternen Zustand ein ASRS-Wert, der die Kriterien für adultes ADHS erfüllte. Während der Behandlung mit einem medizinschen Cannabispräparat zeigte nur noch ein Patient einen ASRS-Wert, der ADHS im Erwachsenenalter nahelegen würde (p < 0.001).<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die AHDS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedica von Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
*[[image:tv.png]][https://www.healthtv.de/sendungen/52/Kleine_Reportage/1184/Cannabis_auf_Rezept.html Cannabis auf Rezept], kleine Reportage von Health TV mit einem ADHS-Patienten<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Abi-Jaoude, Elia et al. (2017): [https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness and Tolerability for Adults With Tourette Syndrome]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Benutzer_Diskussion:Drei&diff=27076Benutzer Diskussion:Drei2020-10-06T13:32:51Z<p>Drei: Danke</p>
<hr />
<div>'''Willkommen bei ''ADHSpedia''!'''<br />
Wir hoffen, dass Sie viele gute Informationen beisteuern.<br />
Möglicherweise möchten Sie zunächst die [https://www.mediawiki.org/wiki/Special:MyLanguage/Help:Contents Ersten Schritte] lesen.<br />
Nochmal: Willkommen und viel Spaß! [[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 00:34, 4. Okt. 2019 (CEST)<br />
<br />
== Bitte signiere deine Beiträge ==<br />
<br />
Lieber Drei,<br />
<br />
danke, dass du so fleißig im Wiki mitarbeitest :-) Bitte achte aber darauf, in den Diskussionsseiten deine Beiträge zu signieren. Das geht über den "Signatur und Zeitstempel"-Button oder mit zwei Bindestrichen und vier Tilden. Danke! --[[Benutzer:Apotheker|Apotheker]] ([[Benutzer Diskussion:Apotheker|Diskussion]]) 08:53, 15. Jan. 2020 (CET)<br />
<br />
Danke für die Info, das probiere ich doch gleich mal aus --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 16:42, 15. Jan. 2020 (CET)<br />
<br />
Perfekt! Weiterhin gute Zusammenarbeit. --[[Benutzer:Apotheker|Apotheker]] ([[Benutzer Diskussion:Apotheker|Diskussion]]) 17:44, 16. Jan. 2020 (CET)<br />
<br />
== Lob ==<br />
<br />
Hallo Drei,<br />
<br />
du führst in letzter Zeit vorbildliche Edits durch (siehe: [[Cannabis und ADHS]]). Danke dafür. --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 05:44, 11. Mai 2020 (CEST)<br />
<br />
Hallo DK,<br />
<br />
danke für die Blumen und danke, dass ihr dieses tolle Projekt am Laufen haltet 🙂 Vielleicht traue ich mich bald an eine mutigere Änderung und erstelle eine eigene Seite für Cannabis flos / Medizinalcannabisblüten... --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 20:29, 11. Mai 2020 (CEST)<br />
<br />
Du kannst gerne auch neue Seiten erstellen. Da du aber noch kein Sichter bist, wäre es dann günstig, wenn du uns über die Neuerstellung informierst, damit wir die Seite freischalten können. Die Idee mit den Cannabis flos hört sich gut an. Lässt sich das denn aus deiner Sicht im ADHS-Kontext ausreichend fundieren? --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 03:35, 13. Mai 2020 (CEST)<br />
<br />
Hauptsächlich wollte ich dafür eine eigene Seite, damit ich von den Studien aus hinverlinken kann. Habe jetzt aber herausgefunden, wie das relativ elegant innerhalb des Artikels funktioniert. Ich würde es daher erst einmal bei der Sektion im Artikel belassen. --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 09:14, 13. Mai 2020 (CEST)<br />
<br />
Alles klar. Danke dir. --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 16:55, 13. Mai 2020 (CEST)<br />
<br />
==Lob 2==<br />
Ich glaube, es ist bald mal Zeit, dir Sichter-Recht zu verleihen ;-) --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 01:43, 6. Okt. 2020 (CEST)<br />
<br />
Oh, danke, das würde mich natürlich freuen :-) --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 15:32, 6. Okt. 2020 (CEST)</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=27074Cannabis und ADHS2020-10-04T08:51:15Z<p>Drei: ASRS jetzt namentliche Referenz</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
In einer Studie zur Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms aus dem Jahr 2017<ref>[https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness andTolerability for Adults With Tourette Syndrome]</ref> wurden 19 Probanden, die mit medizinisches Cannabis behandelt wurden, zu ihrem Symptomen im nüchternen Zustand und unter Einnahme eines Cannabispräparats befragt. Eine Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter war bei 11 der Patienten als Komorbidität vorhanden. Daher wurden auch Symptome der ADHS anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref name=asrs>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> abgefragt. Dabei zeigte sich bei 13 Teilnehmern im nüchternen Zustand ein ASRS-Wert, der die Kriterien für adultes ADHS erfüllte. Während der Behandlung mit einem medizinschen Cannabispräparat zeigte nur noch ein Patient einen ASRS-Wert, der ADHS im Erwachsenenalter nahelegen würde (p < 0.001).<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die AHDS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedica von Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Abi-Jaoude, Elia et al. (2017): [https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness and Tolerability for Adults With Tourette Syndrome]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=27073Cannabis und ADHS2020-10-04T08:44:32Z<p>Drei: Weitere GTS-Studie mit sehr interessantem ADHS Beifang</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
In einer Studie zur Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms aus dem Jahr 2017<ref>[https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness andTolerability for Adults With Tourette Syndrome]</ref> wurden 19 Probanden, die mit medizinisches Cannabis behandelt wurden, zu ihrem Symptomen im nüchternen Zustand und unter Einnahme eines Cannabispräparats befragt. Eine Diagnose von ADHS im Erwachsenenalter war bei 11 der Patienten als Komorbidität vorhanden. Daher wurden auch Symptome der ADHS anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> abgefragt. Dabei zeigte sich bei 13 Teilnehmern im nüchternen Zustand ein ASRS-Wert, der die Kriterien für adultes ADHS erfüllte. Während der Behandlung mit einem medizinschen Cannabispräparat zeigte nur noch ein Patient einen ASRS-Wert, der ADHS im Erwachsenenalter nahelegen würde (p < 0.001).<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die AHDS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedica von Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Abi-Jaoude, Elia et al. (2017): [https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness and Tolerability for Adults With Tourette Syndrome]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=27072Cannabis und ADHS2020-10-04T08:00:19Z<p>Drei: Das Bild zeigt Bedica, eine Sorte des Herstellers Bedrocan</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die AHDS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedica von Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Abi-Jaoude, Elia et al. (2017): [https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness and Tolerability for Adults With Tourette Syndrome]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=27071Cannabis und ADHS2020-10-04T07:59:27Z<p>Drei: Eine weitere interessante Studie mit ADHS-Beifang</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die AHDS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Abi-Jaoude, Elia et al. (2017): [https://neuro.psychiatryonline.org/doi/pdf/10.1176/appi.neuropsych.16110310 Preliminary Evidence on Cannabis Effectiveness and Tolerability for Adults With Tourette Syndrome]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26960Cannabis und ADHS2020-09-20T18:41:19Z<p>Drei: Typo</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf vorhandene Komorbiditäten auswirken. Von den 34 Patienten, die AHDS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26956Cannabis und ADHS2020-09-18T13:30:11Z<p>Drei: /* Wirksamkeit bei ADHS */</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer retrospektiven Analyse aus dem Jahr 2019 zur Wirksamkeit von cannabisbasierten Medikamenten (CBMs) in der Behandlung des Gilles de la Tourette Syndroms<ref>https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050</ref> wurde zusätzlich untersucht, wie sich diese auf Komorbiditäten auswirkt. Von den 34 Patienten, die AHDS als Komorbidität aufwiesen, berichteten 34% von einer Besserung ihrer Symptome durch CBMs. Dabei berichteten 53% derer, die mit [[Cannabis_und_ADHS#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] behandelt wurden, von einer Besserung. 33% berichteten von einer Besserung durch [[Nabiximols]], 25% von einer Besserung durch [[Dronabinol]] und 15% von einer Besserung durch "Straßencannabis".<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Medikamente&diff=26955Medikamente2020-09-18T13:12:33Z<p>Drei: Cannabis Flos hinzugefügt</p>
<hr />
<div>[[image: Methylphenidat-Spiegelverlauf.jpg|thumbnail|Vergleich von Spiegelverläufen unterschiedlicher [[Retardmedikament|Retardmedikamente]] sowie unretardierten Methylphenidats.]]<br />
Zur [[Pharmakotherapie|medikamentösen Behandlung]] von [[Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung|ADHS]] sind im Jahr {{JETZIGES_JAHR}} eine Reihe '''Medikamente''' mit unterschiedlichen Wirkstoffen und Wirkmechanismen verfügbar. Als am wirkungsvollsten und am besten untersucht gelten sogenannte Psychostimulanzien, die vor allem [[Dopamin|dopaminerg]] wirken. In Deutschland am häufigsten verordnet sind [[Generikum|Generika]] mit dem Wirkstoff [[Methylphenidat]] (''MPH''), [[Lisdexamfetamin]] sowie das Non-Stimulans [[Atomoxetin]]. Neben diesen Substanzen gibt es eine Reihe anderer Medikamente, die zur [[Behandlung|Behandlung von ADHS]] eingesetzt werden können, obwohl sie nicht zur Therapie der ADHS zugelassen sind ([[Off-Label-Use]]). Manchmal werden diese Medikamente auch zur Behandlung von [[Komorbidität|Komorbiditäten]], etwa zur Therapie von [[Depression|Depressionen]], verwendet und können dann auch Effekte auf die ADHS-Sympotmatik haben.<ref>[http://www.adhs.info/fuer-erwachsene/adhs-im-erwachsenenalter-welche-hilfen-gibt-es/medikamentoese-therapie/2-welche-medikamente-gibt-es-zur-behandlung-der-adhs-im-erwachsenenalter.html adhs.info - Welche Medikamente gibt es zur Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter?]</ref><br />
<br />
Ausführliche Informationen über die medikamentöse ADHS-Behandlung sind im Artikel [[Pharmakotherapie]] zu finden.<br />
<br />
==Methylphenidat==<br />
===Methylphenidat-Varianten in Deutschland {{JETZIGES_JAHR}}===<br />
Es werden Präparate mit kurzer Tageswirkdauer und langer Tageswirkdauer, sogenannte [[Retardmedikament|Retardmedikamente]], unterschieden. Eine Erklärung zum Begriff der ''Bioäquivalenz'' ist [[Bioäquivalenz|hier zu finden]].<br />
<br />
Zu den aktuell in Deutschland erhältlichen Methylphenidat-Varianten zählen:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
!MPH-Variante<br />
!Tageswirkdauer<br />
!Zugelassen auch für Erwachsene ab 18 Jahren<br />
!Bemerkung<br />
|-<br />
|[[Concerta]]<br />
|<center>lang (ER)</center><br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|[[Bioäquivalenz|Bioäquivalent]] mit Methylphenidathydrochlorid-neuraxpharm<br />
|-<br />
|[[Equasym Retard]]<br />
|<center>lang (ER)</center><br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|-<br />
|[[Kinecteen]]<br />
|<center>lang (ER)</center><br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|-<br />
|Methylpheni TAD<br />
|<center>kurz (IR)</center><br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|-<br />
|[[Methylphenidat]]hydrochlorid Ratiopharm<br />
|<center>lang (ER)</center><br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|-<br />
|Methylphenidathydrochlorid Hexal<br />
|<center>lang (ER)</center><br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|-<br />
|Methylphenidathydrochlorid-neuraxpharm<br />
|<center>lang (ER)</center><br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
||Bioäquivalent mit Concerta<br />
|-<br />
|[[Medikinet]]<br />
|<center>kurz (IR)</center><br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|-<br />
|[[Medikinet|Medikinet Adult]]<br />
|<center>lang (ER)</center><br />
|<center><font color=green>Ja</font></center><br />
|Bioäquivalent mit Medikinet Retard<br />
|-<br />
|[[Medikinet|Medikinet Retard]]<br />
|<center>lang (ER)</center><br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|Bioäquivalent mit Medikinet Adult<br />
|-<br />
|[[Ritalin]]<br />
|<center>kurz (IR)</center><br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|-<br />
|[[Ritalin|Ritalin LA]]<br />
|<center>lang (ER)</center><br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|Bioäquivalent mit Ritalin Adult<br />
|-<br />
|[[Ritalin Adult]]<br />
|<center>lang (ER)</center><br />
|<center><font color=green>Ja</font></center><br />
|Bioäquivalent mit Ritalin LA<br />
|-<br />
|[[Ritalin|Ritalin SR]]<br />
|<center>lang (ER)</center><br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|-<br />
|}<br />
<br />
===Umrechnungstabelle für Stimulanzien===<br />
''→ Siehe auch: [[Umrechnungstabelle Medikamente]].<br />
<br />
Die nachfolgende Tabelle bezieht sich auf [[Methylphenidat]] und Amphetamin-haltige Präparate. Sie entspricht den Angaben der Äquivalenztabelle nach Kühle.<ref>http://www.dr-kuehle.de/uploads/media_items/umrechungstabelle-methylphenidat-unretardiert-in-retardpraeparate.original.pdf</ref><ref>http://www.dr-kuehle.de/adhs/wie-die-richtige-dosis-genau-bestimmt-wird</ref><br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|-<br />
! MPH-IR (Einzeldosis) !! [[Medikinet]] Retard/Adult !! [[Ritalin Adult]]/LA !! [[Equasym Retard]] !! [[Concerta]] !! MPH HCL Neuraxpharm !! [[Elvanse]]/[[Elvanse Adult]] !! DL-Amphetamin (0.2 Saft) !! [[DL-Amphetamin]] (mg)<br />
|-<br />
| 5 mg || 10 mg || 10 mg|| 10 mg || 18 mg || 18 mg || 10 mg || 2 x 2-3 ml|| 2 x 4-6 mg<br />
|-<br />
| 7,5 mg || 15 mg || || 20 mg || 27 mg || 27 mg || 20 mg || 2 x 3-4 ml || 2 x 6-8 mg<br />
|-<br />
| 10 mg || 20 mg || 20 mg || 30 mg || 36 mg || 36 mg || 30 mg || 2 x 4-5 ml || 2 x 8-10 mg<br />
|-<br />
| 12,5 mg || 25 mg || || 40 mg || || 45 mg || 40 mg || 2 x 4-6 ml || 2 x 8-12 mg<br />
|-<br />
| 15 mg || 30 mg || 30 mg|| 50 mg || 54 mg || 54 mg || 50 mg || 2 x 5-6 ml|| 2 x 10-12 mg<br />
|-<br />
| 17,5 mg || 35 mg || || 60 mg || || 63 mg || 60 mg || 2 x 6-8 ml|| 2 x 12-16 mg<br />
|-<br />
| 20 mg || 40 mg || 40 mg || 70 mg || 72 mg || 72 mg || 70 mg || 2 x 7-8 ml|| 2 x 14-16 mg<br />
|}<br />
<br />
===Galerie (Auswahl an Methylphenidat-Präparaten)===<br />
<gallery><br />
Medik10.png|[[Medikinet]]<br />
Adultmedikinet.png|[[Medikinet|Medikinet Adult]]<br />
Ritalin.png|[[Ritalin]]<br />
Kinecteen.png|[[Kinecteen]]<br />
Radult.png|[[Ritalin Adult]]<br />
Ritalin LA.jpg|[[Ritalin|Ritalin LA]]<br />
Concerta1.jpg|[[Concerta]]<br />
Eqs.png|[[Equasym]] Retard<br />
</gallery><br />
<br />
===Methylphenidat international===<br />
{| class="wikitable"<br />
!Medikament<br />
!Tageswirkdauer<br />
!Verfügbar in<br />
|-<br />
|[[Daytrana]]<br />
|lange Tageswirkdauer (Retard)<br />
|USA<br />
|-<br />
|[[Focalin XR]]<br />
|lange Tageswirkdauer (Retard)<br />
|Schweiz, USA<br />
|-<br />
|Quillivant XR<br />
|lange Tageswirkdauer (Retard)<br />
|USA<br />
|-<br />
|Inspiral SR<br />
|lange Tageswirkdauer (Retard)<br />
|Indien<br />
|-<br />
|Ritaline<br />
|kurze Tageswirkdauer<br />
|Belgien<br />
|-<br />
|Ritalina<br />
|kurze Tageswirkdauer<br />
|Argentinien, Brasilien, Portugal<br />
|-<br />
|Hynidate<br />
|kurze Tageswirkdauer<br />
|Thailand<br />
|-<br />
|Addwize<br />
|kurze Tageswirkdauer<br />
|Indien<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
==Amphetamin==<br />
{| class="wikitable"<br />
!Medikament<br />
!Tageswirkdauer<br />
!Zugelassen auch für Erwachsene ab 18 Jahren<br />
!Kommentar<br />
|-<br />
|[[Adderall]]<br />
|kurze Tageswirkdauer<br />
|<br />
|Einzelimport notwendig<br />
|-<br />
|[[Adzenys XR-ODT]]<br />
|lange Tageswirkdauer (Retard)<br />
|<br />
|Einzelimport notwendig<br />
|-<br />
|[[Dexamphetamin]] ([[Attentin]])<br />
|kurze Tageswirkdauer<br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|<br />
|-<br />
|[[Lisdexamfetamin]] ([[Elvanse]]/[[Elvanse Adult]])<br />
|lange Tageswirkdauer (Retard)<br />
|<center><font color=green>Ja</font></center><br />
|<br />
|-<br />
|[[DL-Amphetamin]]<br />
|lange Tageswirkdauer (Retard)<br />
|<center><font color=red>Nein</font></center><br />
|<br />
|}<br />
<br />
===Galerie (Auswahl an Amphetamin-Präparaten)===<br />
<gallery><br />
Attentin.png|[[Dexamphetamin|Dexamphetamin (Attentin)]]<br />
Elvanse.png|[[Lisdexamfetamin|Lisdexamfetamin (Elvanse)]]<br />
Elvanse Adult.png|[[Elvanse Adult]]<br />
</gallery><br />
<br />
==Weitere Medikamente==<br />
Nicht alle nachfolgend genannten Präparate sind in Deutschland oder in der EU verfügbar.<br />
{| class="wikitable"<br />
!Weitere Medikamente<br />
!Verfügbarkeit in Deutschland<br />
|-<br />
|[[Atomoxetin]]<br />
|verfügbar<br />
|-<br />
|[[Clonidin]]<br />
|verfügbar<br />
|-<br />
|[[Guanfacin]]<br />
|verfügbar<br />
|-<br />
|[[Buspiron]]<br />
|verfügbar<br />
|-<br />
|[[Dronabinol]]<br />
|Einzelimport notwendig<br />
|-<br />
|[[Nabiximols]]<br />
|verfügbar<br />
|-<br />
|[[Nabilon]]<br />
|Einzelimport notwendig<br />
|-<br />
|[[Bupropion]]<br />
|verfügbar<br />
|-<br />
|[[Cannabis#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]<br />
|verfügbar<br />
|-<br />
|}<br />
===Galerie (Auswahl)===<br />
<gallery><br />
Intuniv 4mg.jpeg|[[Guanfacin|Intuniv (Guanfacin)]]<br />
Elontril.jpg|[[Bupropion|Elontril (Bupropion)]]<br />
Bedrocan 5.png|[[Cannabis|Cannabis Flos (Bedrocan)]]<br />
</gallery><br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
* Jablonsky, H. (2010): [https://link.springer.com/article/10.1007%2FBF03363708 Ab 18 zahlt die Krankenkasse nicht mehr — oder doch?] In: pädiatrie: Kinder- und Jugendmedizin hautnah 22, S. 18–20<br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Auslandsreisen mit Medikamenten]]<br />
*[[Umrechnungstabelle Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Pharmaindustrie]]<br />
*[[Methylphenidat]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Cannabis]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Nikotin]]<br />
*[[Zappelin]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
</div><br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Einzelnachweise==<br />
<references /><br />
[[Kategorie:Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26954Cannabis und ADHS2020-09-18T12:26:17Z<p>Drei: In dieser Studie wird auch auf die Besserung der Komorbidität ADHS eingegangen</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Milosev, Leoni et al. (2018): [https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/can.2018.0050 Medical Treatment of Gilles de la Tourette Syndrome with Cannabis-Based Medicine: Results from a Retrospective Analysis and Online Survey]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26804Cannabis und ADHS2020-09-02T11:42:25Z<p>Drei: Portugal als Importland hinzugefügt + Quelle</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachte Aussagen der Antragsteller, wonach sich die Patienten unter dem Einfluss von Cannabis besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden, Kanada oder Portugal<ref>https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116128/Einfuhr-von-medizinischem-Cannabis-deutlich-gestiegen</ref> importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26755Cannabis und ADHS2020-08-10T06:20:57Z<p>Drei: typo</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein "signifikanter Prozentsatz" der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachten Aussagen der Antragsteller, wonach sie sich unter Cannabiseinfluss besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Pflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26754Cannabis und ADHS2020-08-09T18:55:42Z<p>Drei: </p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden im Rahmen einer Untersuchung 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein "signifikanter Prozentsatz" der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachten Aussagen der Antragsteller, wonach sie sich unter Cannabiseinfluss besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Planze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26722Cannabis und ADHS2020-07-24T20:33:42Z<p>Drei: Satz umgestellt</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein "signifikanter Prozentsatz" der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme von inhaliertem Cannabis ab dem frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass es bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachten Aussagen der Antragsteller, wonach sie sich unter Cannabiseinfluss besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Planze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26721Cannabis und ADHS2020-07-20T15:22:56Z<p>Drei: Intralink</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein "signifikanter Prozentsatz" der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit [[Medikamente|Ritalin oder anderen Stimulanzien]] behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme am frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass inhaliertes Cannabis bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachten Aussagen der Antragsteller, wonach sie sich unter Cannabiseinfluss besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Planze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26719Cannabis und ADHS2020-07-18T22:24:38Z<p>Drei: Studie von 2007 zusammgefasst</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurden 4117 Fragebögen ausgewertet, die Patienten in Kalifornien in den Jahren 2001 bis 2007 ausfüllen mussten, wenn sie Zugang zu medizinischem Cannabis erhalten wollten.<ref>[https://harmreductionjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7517-4-16 Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants.]</ref>. In den Anträgen wurden neben Krankheit und Symptomen, gegen die sich die Patienten durch medizinisches Cannabis Linderung erhofften, auch die Substanzen abgefragt, die sie in der Vergangenheit zu sich genommen hatten. Dabei fiel den Forschern auf, dass ein "signifikanter Prozentsatz" der männlichen Antragsteller unter 30 Jahren in der Kindheit aufgrund von ADHS mit Ritalin oder anderen Stimulanzien behandelt wurden. Ein typisches Konsummuster dieser Patienten war die Einnahme am frühen Morgen in mikrodosierter Form, weshalb die Forscher vermuten, dass inhaliertes Cannabis bei dieser Patientengruppe die Konzentrationsfähigkeit verbessere. Im Freitext gemachten Aussagen der Antragsteller, wonach sie sich unter Cannabiseinfluss besser konzentrieren könnten, würden diese These weiter stützen.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Planze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26718Cannabis und ADHS2020-07-18T21:26:10Z<p>Drei: /* Youtube (extern) */ Vortrag von Frau Milz hinzugefügt.</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Planze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Eva Milz: [https://www.youtube.com/watch?v=nXeF1t_uQkw ''Cannabis in der Psychiatrie (Schwerpunkt: ADHS)''] Vortrag von Dr. med. Eva Milz am 13.05.2017 in Frankfurt am Main., Youtube-Video, veröffentlicht am 09.10.2017<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling, Youtube-Video, veröffentlicht am 22.12.2014<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26717Cannabis und ADHS2020-07-18T21:17:53Z<p>Drei: Eine der frühesten wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Thematik</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] aus Finnland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer israelischen Studie des Jahres 2020<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderten die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellten. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis der Cannabinoide hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol). Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt werde und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabis-Planze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussten.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
*[[image:pdf.png]]O'Connel, T., Bou-Mater, C. (2007): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2175501/ Long term marijuana users seeking medical cannabis in California (2001–2007): demographics, social characteristics, patterns of cannabis and other drug use of 4117 applicants]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26711Cannabis und ADHS2020-07-17T21:36:18Z<p>Drei: Studie von 2020 aus Israel zusammengefasst</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
In einer Studie von 2020 aus Israel<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]</ref> untersuchten Hergenrather et. al., ob Patienten mit ADHS, die aufgrund einer Komorbidität medizinisches Cannabis erhalten, ihre bestehende Medikation verändern oder ganz einstellen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer änderte die bestehende Medikation, während etwa ein Drittel diese ganz einstellte. Signifikant häufiger wurden bestehende Medikamente abgesetzt, wenn die Dosis an medizinisches Cannabis hoch oder die Stärke der ADHS-Symptome gering war. Zudem konnte eine Korrelation festgestellt werden zwischen geringen ADHS-Symptomen und der Konzentration des Cannabinoids CBN (Cannabinol) in den eingesetzten Cannabissorten. Laut den Autoren der Studie deuten die Ergebnisse darauf hin, dass medizinisches Cannabis von Patienten als Ersatz für herkömmliche ADHS-Medikamente eingesetzt wird und dass neben THC und CBD noch weitere Stoffe der Cannabispflanze ihre Wirksamkeit bei ADHS beeinflussen.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26710Cannabis und ADHS2020-07-16T14:54:15Z<p>Drei: Studie von 2020 aus Israel hinzugefügt</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgruppe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern zeigte sich signifikant häufiger eine ADHS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie stützen die Ergebnisse die Hypothese der [[Selbstmedikation]]. <br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (High) als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass sich der Nutzen, bzw. das Nutzen-Risiko-Profil von Cannabinoiden für ADHS und andere psychiatrische Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] aufgrund der aktuell minderwertigen Datenlage nicht seriös beurteilen lasse. Laut Urteil der Autoren sei anzunehmen, dass die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben überwiegen. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 stellte heraus, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Hergenrather, Jeffrey et.al. (2020): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7000160/ Cannabinoid and Terpenoid Doses are Associated with Adult ADHD Status of Medical Cannabis Patients]<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26577Cannabis und ADHS2020-06-07T18:01:48Z<p>Drei: Link zur ASRS eingefügt</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis anhand der Adult ADHD Self-Report Scales (ASRS)<ref>https://www.hcp.med.harvard.edu/ncs/asrs.php</ref> befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern konnte signifikant häufiger eine AD(H)S-Symptomatik vorgefunden werden, zudem war bei den täglichen Konsumenten der Anteil mit ADHS-Symptomen signikant höher als der Anteil mit reiner ADS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie unterstützen die Ergebnisse die Selbstmedikationshypothese, wobei Patienten mit AHDS-Symtomatik verstärkt betroffen seien.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26576Cannabis und ADHS2020-06-07T08:06:44Z<p>Drei: Weitere Studie aus der Linkliste beschrieben</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Studie von Loflin et. al. (2014)<ref>[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]</ref> wurden 2811 amerikanische Konsumenten von Cannabis befragt, ob bei ihnen im nüchternen Zustand Symptome der ADHS auftraten. Zudem wurden sie nach ihren Konsummustern befragt und in tägliche und nicht-tägliche Nutzer aufgeteilt. Bei den täglichen Nutzern konnte signifikant häufiger eine AD(H)S-Symptomatik vorgefunden werden, zudem war bei den täglichen Konsumenten der Anteil mit ADHS-Symptomen signikant höher als der Anteil mit reiner ADS-Symptomatik. Laut den Autoren der Studie unterstützen die Ergebnisse die Selbstmedikationshypothese, wobei Patienten mit AHDS-Symtomatik verstärkt betroffen seien.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in Varianten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD--Nenngehalten aus dem Ausland importierbar. Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26565Cannabis und ADHS2020-05-18T18:06:33Z<p>Drei: Tabelle statt Bulletlist</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten aus dem Ausland importierbar.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Bezeichnung || Darreichungsform || Unterart || THC-Gehalt || CBD-Gehalt<br />
|-<br />
| Bedrocan || Blüten || Sativa || ca. 22 % THC || &lt; 1% CBD<br />
|-<br />
| Bedica || Granulat || Indica || ca. 14 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrobinol || Blüten || Sativa || ca. 13,5 % THC || &lt; 1 % CBD<br />
|-<br />
| Bediol || Granulat || Sativa || ca. 6,3 % THC || ca. 8 % CBD<br />
|-<br />
| Bedrolite || Granulat || Sativa || &lt; 1 % THC || ca. 9 % CBD<br />
|}<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26564Cannabis und ADHS2020-05-18T16:52:52Z<p>Drei: Intralink war doppelt gemoppelt</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]]. Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten aus dem Ausland importierbar.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 22 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 13,5 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6,3 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 8 %)<br />
*Bedrolite (Δ9-Tetrahydrocannabinol bis zu 1%, Cannabidiol ca. 9 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26563Cannabis und ADHS2020-05-18T16:47:45Z<p>Drei: Es gibt inzwischen mehr Marken als nur Bedrocan, habe daher kenntlich gemacht, dass die Auswahl nur beispielhaft ist.</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]] (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten aus dem Ausland importierbar.<br />
<br />
Von der niederländischen Firma Bedrocan stehen beispielsweise folgende Sorten zur Verfügung<ref>https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</ref>:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 22 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 13,5 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6,3 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 8 %)<br />
*Bedrolite (Δ9-Tetrahydrocannabinol bis zu 1%, Cannabidiol ca. 9 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26562Cannabis und ADHS2020-05-18T16:42:12Z<p>Drei: Weiterer Intralink</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabispräparaten Bedrocan und Bediol]] behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]] (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten aus dem Ausland importierbar.<br />
<br />
Dabei stehen folgende Sorten zur Verfügung:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 22 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 13,5 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6,3 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 8 %)<br />
*Bedrolite (Δ9-Tetrahydrocannabinol bis zu 1%, Cannabidiol ca. 9 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26561Cannabis und ADHS2020-05-18T16:37:44Z<p>Drei: Sie werden nicht mehr direkt über die Apotheke importiert, sondern von diversen Großhändlern, zudem gibt es jetzt auch Pärparate aus Kanada.</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den Cannabispräparten Bedrocan und Bediol behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]] (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten aus dem Ausland importierbar.<br />
<br />
Dabei stehen folgende Sorten zur Verfügung:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 22 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 13,5 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6,3 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 8 %)<br />
*Bedrolite (Δ9-Tetrahydrocannabinol bis zu 1%, Cannabidiol ca. 9 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26557Cannabis und ADHS2020-05-14T15:08:18Z<p>Drei: CBD-Sorte Bedrolite hinzugefügt. Update der Wirkstoffkonzentrationen laut https://bedrocan.com/products-services/healthcare/prescribing-cannabis/</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den Cannabispräparten Bedrocan und Bediol behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]] (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten seit 2009 über deutsche Apotheken aus den Niederlanden importierbar.<br />
<br />
Dabei stehen folgende Sorten zur Verfügung:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 22 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 13,5 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6,3 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 8 %)<br />
*Bedrolite (Δ9-Tetrahydrocannabinol bis zu 1%, Cannabidiol ca. 9 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26556Cannabis und ADHS2020-05-14T15:03:59Z<p>Drei: Zwei Intra-Links hinzugefügt</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den Cannabispräparten Bedrocan und Bediol behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis-Blüten]] (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis Flos]] (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten seit 2009 über deutsche Apotheken aus den Niederlanden importierbar.<br />
<br />
Dabei stehen folgende Sorten zur Verfügung:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 18 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 11 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6 & Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 7,5 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26555Cannabis und ADHS2020-05-14T14:59:22Z<p>Drei: Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe wurde zuletzt im April 2020 überarbeitet, daher neue Jahreszahl</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den Cannabispräparten Bedrocan und Bediol behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als Cannabis-Blüten (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen Cannabis Flos (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten seit 2009 über deutsche Apotheken aus den Niederlanden importierbar.<br />
<br />
Dabei stehen folgende Sorten zur Verfügung:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 18 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 11 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6 & Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 7,5 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2020): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Benutzer_Diskussion:Drei&diff=26549Benutzer Diskussion:Drei2020-05-13T07:14:50Z<p>Drei: </p>
<hr />
<div>'''Willkommen bei ''ADHSpedia''!'''<br />
Wir hoffen, dass Sie viele gute Informationen beisteuern.<br />
Möglicherweise möchten Sie zunächst die [https://www.mediawiki.org/wiki/Special:MyLanguage/Help:Contents Ersten Schritte] lesen.<br />
Nochmal: Willkommen und viel Spaß! [[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 00:34, 4. Okt. 2019 (CEST)<br />
<br />
== Bitte signiere deine Beiträge ==<br />
<br />
Lieber Drei,<br />
<br />
danke, dass du so fleißig im Wiki mitarbeitest :-) Bitte achte aber darauf, in den Diskussionsseiten deine Beiträge zu signieren. Das geht über den "Signatur und Zeitstempel"-Button oder mit zwei Bindestrichen und vier Tilden. Danke! --[[Benutzer:Apotheker|Apotheker]] ([[Benutzer Diskussion:Apotheker|Diskussion]]) 08:53, 15. Jan. 2020 (CET)<br />
<br />
Danke für die Info, das probiere ich doch gleich mal aus --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 16:42, 15. Jan. 2020 (CET)<br />
<br />
Perfekt! Weiterhin gute Zusammenarbeit. --[[Benutzer:Apotheker|Apotheker]] ([[Benutzer Diskussion:Apotheker|Diskussion]]) 17:44, 16. Jan. 2020 (CET)<br />
<br />
== Lob ==<br />
<br />
Hallo Drei,<br />
<br />
du führst in letzter Zeit vorbildliche Edits durch (siehe: [[Cannabis und ADHS]]). Danke dafür. --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 05:44, 11. Mai 2020 (CEST)<br />
<br />
Hallo DK,<br />
<br />
danke für die Blumen und danke, dass ihr dieses tolle Projekt am Laufen haltet 🙂 Vielleicht traue ich mich bald an eine mutigere Änderung und erstelle eine eigene Seite für Cannabis flos / Medizinalcannabisblüten... --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 20:29, 11. Mai 2020 (CEST)<br />
<br />
Du kannst gerne auch neue Seiten erstellen. Da du aber noch kein Sichter bist, wäre es dann günstig, wenn du uns über die Neuerstellung informierst, damit wir die Seite freischalten können. Die Idee mit den Cannabis flos hört sich gut an. Lässt sich das denn aus deiner Sicht im ADHS-Kontext ausreichend fundieren? --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 03:35, 13. Mai 2020 (CEST)<br />
<br />
Hauptsächlich wollte ich dafür eine eigene Seite, damit ich von den Studien aus hinverlinken kann. Habe jetzt aber herausgefunden, wie das relativ elegant innerhalb des Artikels funktioniert. Ich würde es daher erst einmal bei der Sektion im Artikel belassen. --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 09:14, 13. Mai 2020 (CEST)</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26548Cannabis und ADHS2020-05-13T07:04:48Z<p>Drei: Link relativ statt absolut.</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit [[#Medizinal-Cannabisbl.C3.BCten|Cannabis flos]]. Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den Cannabispräparten Bedrocan und Bediol behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als Cannabis-Blüten (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen Cannabis Flos (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt geworden. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabis-Medikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten seit 2009 über deutsche Apotheken aus den Niederlanden importierbar.<br />
<br />
Dabei stehen folgende Sorten zur Verfügung:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 18 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 11 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6 & Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 7,5 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2017): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26528Cannabis und ADHS2020-05-12T21:20:55Z<p>Drei: KVB Patienteninfo Cannabis hinzugefügt</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit Cannabis flos (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den Cannabispräparten Bedrocan und Bediol behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als Cannabis-Blüten (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen Cannabis Flos (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
Laut einer Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bisher noch keine Fälle einer psychischen Abhängigkeit durch Cannabistherapie bekannt. Die vorliegenden Daten würden aber keine Aussagen darüber erlauben, ob Cannabismedikamente abhängig machen.<ref>[https://www.kbv.de/html/45145.php Patienteninformation der Kassenärztlichen Bundesvereinigung - Gesundheitsinfos Cannabis als Medizin]</ref><br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten seit 2009 über deutsche Apotheken aus den Niederlanden importierbar.<br />
<br />
Dabei stehen folgende Sorten zur Verfügung:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 18 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 11 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6 & Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 7,5 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2017): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Benutzer_Diskussion:Drei&diff=26515Benutzer Diskussion:Drei2020-05-11T18:29:27Z<p>Drei: </p>
<hr />
<div>'''Willkommen bei ''ADHSpedia''!'''<br />
Wir hoffen, dass Sie viele gute Informationen beisteuern.<br />
Möglicherweise möchten Sie zunächst die [https://www.mediawiki.org/wiki/Special:MyLanguage/Help:Contents Ersten Schritte] lesen.<br />
Nochmal: Willkommen und viel Spaß! [[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 00:34, 4. Okt. 2019 (CEST)<br />
<br />
== Bitte signiere deine Beiträge ==<br />
<br />
Lieber Drei,<br />
<br />
danke, dass du so fleißig im Wiki mitarbeitest :-) Bitte achte aber darauf, in den Diskussionsseiten deine Beiträge zu signieren. Das geht über den "Signatur und Zeitstempel"-Button oder mit zwei Bindestrichen und vier Tilden. Danke! --[[Benutzer:Apotheker|Apotheker]] ([[Benutzer Diskussion:Apotheker|Diskussion]]) 08:53, 15. Jan. 2020 (CET)<br />
<br />
Danke für die Info, das probiere ich doch gleich mal aus --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 16:42, 15. Jan. 2020 (CET)<br />
<br />
Perfekt! Weiterhin gute Zusammenarbeit. --[[Benutzer:Apotheker|Apotheker]] ([[Benutzer Diskussion:Apotheker|Diskussion]]) 17:44, 16. Jan. 2020 (CET)<br />
<br />
== Lob ==<br />
<br />
Hallo Drei,<br />
<br />
du führst in letzter Zeit vorbildliche Edits durch (siehe: [[Cannabis und ADHS]]). Danke dafür. --[[Benutzer:DK|DK]] ([[Benutzer Diskussion:DK|Diskussion]]) 05:44, 11. Mai 2020 (CEST)<br />
<br />
Hallo DK,<br />
<br />
danke für die Blumen und danke, dass ihr dieses tolle Projekt am Laufen haltet 🙂 Vielleicht traue ich mich bald an eine mutigere Änderung und erstelle eine eigene Seite für Cannabis flos / Medizinalcannabisblüten... --[[Benutzer:Drei|Drei]] ([[Benutzer Diskussion:Drei|Diskussion]]) 20:29, 11. Mai 2020 (CEST)</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26463Cannabis und ADHS2020-05-07T21:03:48Z<p>Drei: Satz umgestellt</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge hin untersucht, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit Cannabis flos (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den Cannabispräparten Bedrocan und Bediol behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als Cannabis-Blüten (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen Cannabis Flos (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten seit 2009 über deutsche Apotheken aus den Niederlanden importierbar.<br />
<br />
Dabei stehen folgende Sorten zur Verfügung:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 18 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 11 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6 & Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 7,5 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2017): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26462Cannabis und ADHS2020-05-07T19:52:19Z<p>Drei: Weitere Studie bzw. Fallbericht von 2018 beschrieben</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben, untersucht. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit Cannabis flos (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] von 2018 aus Finland<ref name=hupli2018>[https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]</ref> beschreibt die Behandlung eines Patienten mit adultem ADHS, der über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren mit den Cannabispräparten Bedrocan und Bediol behandelt wurde. Der Patient berichtet von einer Besserung der ADHS-Symptome [[Affektlabilität|geringe Frustrationstoleranz, Langeweile]], Wutausbrüche und Konzentrationsprobleme durch Bedrocan. Von Bediol berichtet er eine Besserung seiner [[Müdigkeit_und_ADHS|Schlafstörungen]] und Reduktion der Nebenwirkungen von Bedrocan.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als Cannabis-Blüten (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen Cannabis Flos (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten seit 2009 über deutsche Apotheken aus den Niederlanden importierbar.<br />
<br />
Dabei stehen folgende Sorten zur Verfügung:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 18 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 11 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6 & Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 7,5 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307 Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2017): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26461Cannabis und ADHS2020-05-07T19:24:20Z<p>Drei: Weitere Studie als Link bei Publikationen hinzugefügt</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben, untersucht. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit Cannabis flos (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als Cannabis-Blüten (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen Cannabis Flos (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten seit 2009 über deutsche Apotheken aus den Niederlanden importierbar.<br />
<br />
Dabei stehen folgende Sorten zur Verfügung:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 18 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 11 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6 & Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 7,5 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Hupli, Alexi. (Fallbericht, 2018): [https://www.karger.com/Article/FullText/495307# Medical Cannabis for Adult Attention Deficit Hyperactivity Disorder: Sociological Patient Case Report of Cannabinoid Therapeutics in Finland]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Strohbeck-Kühner, Peter et al. (Fallbericht, 2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2017): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26460Cannabis und ADHS2020-05-05T14:49:54Z<p>Drei: </p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge, die die subjektive Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben, untersucht. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit Cannabis flos (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als Cannabis-Blüten (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen Cannabis Flos (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten seit 2009 über deutsche Apotheken aus den Niederlanden importierbar.<br />
<br />
Dabei stehen folgende Sorten zur Verfügung:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 18 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 11 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6 & Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 7,5 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Fallbericht (2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2017): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Dreihttps://www.adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&diff=26459Cannabis und ADHS2020-05-05T11:54:58Z<p>Drei: Bindestrich</p>
<hr />
<div>{{Infobox Behandlung<br />
|Boxtitel = Medizinisches Cannabis<br />
|Logo = behcan.png<br />
|Beschriftung1 = Indikation<br />
|Wert1 = [[Symptome|ADHS]], [[Komorbidität|komorbide]] [[Depression|Depression]]<br />
|Beschriftung2 = Therapieform<br />
|Wert2 = [[Heilbarkeit|symptomatisch]], [[Pharmakotherapie|medikamentös]] ([[Off-Label-Use|off label]])<br />
|Beschriftung3 = Wirksamkeit<br />
|Wert3 = noch unzureichend belegt, Verdacht auf Kontraindikation <ref name=noevidence /><br />
|Beschriftung4 = Weiterführende Infos<br />
|Wert4 = [[Therapie|Weitere Therapie]], [[Medikamente]], [[Methylphenidat]], [[Ginkgo biloba]], [[Koffein]]<br />
}}<br />
Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer [[Sucht|Abhängigkeitserkrankung]] bergen kann, kann '''medizinisches Cannabis''' mittlerweile auch in Deutschland für die Indikation [[Symptome|ADHS]] sowie für zahlreiche [[Komorbidität|Komorbiditäten]] (darunter zum Beispiel [[Depression|Depressionen]])<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24923339?dopt=Abstract</ref> zu [[Behandlung|Behandlungszwecken]] rezeptiert werden. Das Nutzen- und Risikoprofil insbesondere von [[Methylphenidat]] und [[Lisdexamfetamin]], aber auch einigen [[Medikamente|Second Line-Präparaten]] ist für mindestens 70 % der [[Multimodale Therapie|kombiniert behandelten]] Patienten jedoch günstiger (und empirisch belegt). Nach Einschätzung der Leitungsgrupe des [[Zentrales ADHS-Netz|zentralen ADHS-Netzes]] überwiegen nach aktuellem Kenntnisstand die gesundheitlichen Risiken dem Nutzen von Cannabinoiden in der [[Behandlung|ADHS-Therapie]] „eindeutig“.<ref>https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf</ref> Ein groß angelegtes, systematisches Review des Jahres 2019 bestätigte diese Einschätzung sowohl für ADHS, als auch für häufige [[Komorbidität|Komorbiditäten]].<ref name=noevidence>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags von Januar 2017 kann Cannabis direkt von Ärzten rezeptiert werden, eine Ausnahmegenehmigung durch das BfArM ist nicht mehr erforderlich.<ref>http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bundestag-legalisiert-cannabis-auf-rezept-fuer-kranke-14697523.html</ref> Aufgrund der Notwendigkeit einer [[Off-Label-Use|zulassungsüberschreitenden Verordnung]] im Falle einer therapierefraktären ADHS müssen jedoch weiterhin sämtliche Kosten von den Patienten selbst getragen werden, sofern die Krankenkassen der Kostenübernahme im Einzelfall nicht zustimmen.<br />
<br />
==Wirksamkeit bei ADHS==<br />
===Übersicht der aktuellen Studienlage===<br />
[[Kategorie:Behandlung]]<br />
Die Studienlage zur Wirksamkeit und Wirkungsweise von Cannabis auf die [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] ist noch sehr überschaubar. Während einzelne [[Studien|Untersuchungen]] Hinweise auf eine mögliche positive Wirksamkeit geben, konnten aktuelle systematische Reviews den Nutzen von Cannabinoiden in der ADHS-Therapie nicht bestätigen.<ref name=noevidence /><br />
<br />
Ein [[Anekdotische Evidenz|Fallbericht]] der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2008 weist darauf hin, dass THC die Aufmerksamkeitsleistung von [[Selbstwahrnehmung von ADHS-Betroffenen|ADHS-Betroffenen]] verbessern kann.<ref>[http://www.cannabis-med.org/data/pdf/de_2008_01_1.pdf Fallbericht Universität Heidelberg; Rechtsmedizin - Cannabis verbessert Symptome der ADHS]</ref> Laut Bericht konnte in bei einem Probanden eine Regulierung der Aktivierung auf ein mittleres Niveau und damit eine optimale Leistungsfähigkeit im [[Straßenverkehr|Straßenverkehr]] erreicht werden. Der Cannabiskonsum verursachte bei dem Probanden keine Defizite hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit. Diese Ergebnisse weisen auf einen positive Wirksamkeit auf die allgemeine [[Symptome|ADHS-Symptomatik]] hin. Die Autoren verweisen zudem auf zwei frühere Studien aus den Jahren 2003<ref>Adriani W, Caprioli A, Granstrem O, Carli M, Laviola G. The spontaneously hypertensive rat as an animal model of ADHD: evidence for impulsive and non-impulsive subpopulations. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.</ref> und 2006<ref>Aharonovich E, Garawi F, Bisaga A, Brooks D, Raby, WN, Rubin, E, Nunes EV, Levin FR. Concurrent cannabis use during treatment for comorbid ADHD and cocaine dependence: effects on outcome. Am J Drug Alcohol Abuse 2006;32:629-635</ref>, die ähnliche Schlussfolgerungen zulassen.<br />
<br />
In einer Untersuchung von [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen]] und [[Eva Maria Milz|Milz]] (2015),<ref>http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf</ref> welche mit 30 erwachsenen Patienten mit therapieresistenter ADHS durchgeführt wurde, konnten bei allen Patienten nach einer Behandlung mit Cannabis Verbesserungen der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]], insbesondere aber hinsichtlich [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Impulsivität sowie Konzentrationsdefizite festgestellt werden. Dabei wurden 22 Patienten mit Cannabis flos und fünf Patienten mit einem [[Dronabinol]]-Fertigarzneimittel behandelt.<br />
<br />
In einer qualitativen Studie von Mitchell et. al. aus dem Jahr 2016 wurden Diskussionen in Onlineforen auf Beiträge, die die Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS zum Thema haben, untersucht. Dafür wurden über eine Googlesuche Threads in Onlineforen gesammelt, in denen das Thema Cannabis bei ADHS diskutiert wurde. Aus diesen Threads wurden 401 inviduelle Beiträge extrahiert, von denen 25% beinhalteten, dass Cannabis bei AHDS einen therapeutischen Nutzen habe. In 8% der Beiträge wurde Cannabis als schädlich bei AHDS beschrieben und in 5% der Beiträge sowohl als therapeutisch wirksam, als auch schädlich. In 2% der Posts fand sich die Aussage, dass Cannabis auf ADHS keinen Effekt hätte. In Bezug auf ADHS-Medikation fand sich in 5% der Posts die Aussage, dass Cannabis effektiver sei als herkömmliche Medikation und in 3% der Beiträge, dass Cannabis weniger effektiv sei. Die Ergebnisse der Studie können dahingehend gedeutet werden, dass Cannabis von ADHS-Betroffenen zur [[Selbstmedikation]] eingesetzt wird.<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref><ref>[https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]</ref><br />
<br />
Eine Wirksamkeitsstudie zum Cannabis-Präparat [[Sativex]]<ref>https://clinicaltrials.gov/ct2/show/study/NCT02249299</ref><ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/02/05/sativex-studie-zu-cannabis-als-medizin-bei-adhs-abgeschlossen/</ref> wurde von Cooper et. al. im Jahr 2017 veröffentlicht.<ref>[https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0924977X17302377 Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Publikation]</ref><ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen 30 Patienten mit adulter ADHS teil. Über einen Zeitraum von sechs Wochen erhielten 15 Patienten [[Sativex]] und 15 ein Placebo. Primäres Ergebnis war die Wirkung auf die kognitive Leistungsfähigkeit und und das kognitive Aktivitätslevel, die per [[QB-Test]] ermittelt wurde. Sekundäres Ergebnis war die Wirkung auf die AHDS-Symptomatik. Die Autoren erkennen einen Trend hin zu einer positiven Wirkung. Aufgrund des kleinen Samples wurden die Ergebnisse jedoch nicht signifikant. Bei keinem der Teilnehmer führte Sativex zu einer Verschlechterung.<br />
Die Studie liefert nach Urteil der Autoren Hinweise darauf, dass Erwachsene mit ADHS eine Untergruppe sein könnten, die nach dem Konsum von Cannabis eine Besserung ihrer Symptome ohne kognitive Einschränkungen erfahren, was die Hypothese der [[Selbstmedikation]] stütze.<br />
<br />
Eine Untersuchung von [[Eva Maria Milz|Milz]] (2018)<ref>https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD</ref>, an der 37 erwachsene Patienten mit ADHS teilnahmen, thematisiert die gesundheitlichen und sozialen Aspekte einer Therapie mit Cannabis flos (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Während Phasen der Abstinenz wurden von 78% der Patienten relevante Einschränkungen in ihrem Privat-, Sozial- und [[ADHS und Beruf|Arbeitsleben]] aufgrund ADHS-Symptomatik beschrieben. Die Einnahme von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Betreuung ging hingegen mit signifikanten Stabilisierungsprozessen einher. Die Teilnehmer wurden angehalten, die Wirkung medizinischer Cannabisblüten sowie des Fertigarzneimittels [[Sativex]] auf die Symptome Aufmerksamkeit, Agitation, [[Müdigkeit und ADHS|Schlafstörungen]], Appetit, Stimmung und Impulsivität qua Schulnotenskala zu bewerten. Die Ergebnisse der Erhebung sind konform mit den Erkenntnissen aus der Studie von Cooper et. al. (2017),<ref name=cooper2017>[https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial - Volltext]</ref> nach der [[Sativex]] die Symptome der adulten ADHS lindern könne.<br />
<br />
===Wirkungsweise bei ADHS===<br />
Verschiedene Studien, welche die Wirksamkeit von Cannabinoiden auf die ADHS-Symptomatik untersucht haben, machen deutlich, dass sich die Wirkungen von Cannabinoiden bei ADHS-Betroffenen von denen nicht betroffener Konsumenten zu unterscheiden scheinen, was eine Beteiligung des zentralen Cannabinoidenrezeptorsystems an der Pathologie der Störung nahelegt. Die genauen Mechanismen, die für die postulierte, atypische Wirkungsweise von Cannabinoiden bei Betroffenen verantwortlich sind, bedürfen jedoch noch weiteren Untersuchungen.<br />
<br />
==Einstellung, Applikation und Dosierung==<br />
Cannabis-Präparate sind in Deutschland in unterschiedlichen Rezepturen und Applikationsformen verfügbar, beispielsweise als [[Sativex|Sublingualspray]], in [[Marinol|Kapselform]] oder als Cannabis-Blüten (''siehe: [https://adhspedia.de/index.php?title=Cannabis_und_ADHS&stable=0#Pr.C3.A4parate Präparate'']). Eine konsensbasierte Leitlinie zum medizinischen Einsatz von Cannabis existiert bislang jedoch nicht.<ref>http://www.alternative-drogenpolitik.de/2016/04/16/leitlinie-zum-einsatz-von-cannabis-als-medizin/</ref> <br />
<br />
[[Franjo Grotenhermen]] schlägt für die Einstellung in der ADHS-Therapie ein gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abgestimmtes [[Titration|Titrationsverfahren]] mit zunächst THC-reichen Cannabis Flos (etwa Bedrocan) vor. In der Regel kann mit niedrigen Dosierungen des zu inhalierenden Präparats begonnen werden, beispielsweise mit einer viermaligen Einzeldosis von 50 mg Cannabisblüten bei einer Tageshöchstdosis nicht über 500 mg. In einem zweiten Schritt kann bei ADHS-Patienten ein Wechsel zu Präparaten mit ausgewogenem CBD-/THC-Gehalt versucht werden. Als Maßstab für die optimale Dosis gilt dabei stets die Verbesserung der [[Symptome|Gesamtsymptomatik]].<br />
<br />
Aufgrund der zumeist einsetzenden Toleranzentwicklung sind über längere Zeiträume meist deutliche Dosissteigerungen notwendig, bei langjähriger Einnahme gar auf mehrere Gramm täglich. Laut Grotenhermen kann eine Toleranzbildung möglicherweise etwas verzögert werden, wenn bei regelmäßiger Einnahme auf standardisierte Cannabisblüten mit äquivalenter Cannabinoid-Zusammensetzung zurückgegriffen wird. Auf diese Weise könnten oftmals über längere Zeiträume konstante Dosen ohne signifikante Wirksamkeitsverluste beibehalten werden.<br />
<br />
Wenngleich manche Patientengruppen die bei THC-haltigen Cannabinoiden auftretende Nebenwirkung eines Rauschzustands (''„High“'') als angenehm empfinden, so ist dieser weder das therapeutische Ziel, noch ein Indikator für eine positive Wirksamkeit. Eine therapeutische Wirkung kann auch bereits mit geringen Dosierungen ohne das Auftreten eines Rauschzustands erreicht werden.<br />
<br />
==Nebenwirkungen, Risiken und Suchtpotenzial==<br />
===Nebenwirkungen===<br />
Cannabis als Arzneimittel hat vergleichsweise wenige und milde Nebenwirkungen. Die Gesundheitsrisiken sind auch bei Überdosierung gering.<br />
<br />
[[image:cannabis lollipop.jpg|thumbnail|Cannabis-Dauerlutscher (cannabis sativa mit erhöhtem CBD-Gehalt, Kirschgeschmack) aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
Zu den bekannten psychischen Nebenwirkungen, die akut auftreten können, zählen insbesondere Sedierung, Euphorie bzw. ein akutes „High", Missstimmung, Gefühl des Kontrollverlustes, Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, (Verstärkung von) [[Depression|Depressionen]] oder halluzinationsartige Empfindungen.<ref>für nachfolgenden Absatz vgl. http://cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=35&lng=de&sid=e262374922d43f421d5b64e4ebeb0e37</ref> Als körperliche Nebenwirkungserscheinungen können daneben eine trockene Mundschleimhaut, Muskelstörungen, Schwierigkeiten beim Sprechen, gesteigerte Herzfrequenz, Blutdruckabfall mit Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. <br />
<br />
Zu beachten ist, dass akute Nebenwirkungen sehr von den verwendeten Dosen abhängig sind. Sämtliche Nebenwirkungen können zudem auch entsprechend des gegenwärtigen psychischen Zustands des Patienten verstärkt auftreten. Ohne spezifische [[Behandlung|Therapie]] klingen die akuten Nebenwirkungen meist innerhalb weniger Stunden, seltener nach wenigen Tagen wieder ab. Bei ADHS lässt sich zudem meist eine Dosis finden, die ausreichend wirksam ist, aber noch keinerlei psychische Nebenwirkungen (bspw. in Form eines akuten Highs) verursacht.<br />
<br />
Im Weiteren wird aktuell diskutiert, ob chronischer Cannabiskonsum bei vulnerablen Personen eine länger anhaltende psychotische Episode auslösen kann. Das Entwicklungsrisiko in der Gesamtbevölkerung liegt gemäß einer australischen Studie bei 1 %<ref>http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/076-005.htm</ref><br />
<br />
Todesfälle, die in einem Zusammenhang mit Cannabis-Konsum stehen, sind bislang nicht dokumentiert.<br />
<br />
===Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial===<br />
Für eine Vielzahl der Cannabis-Wirkungen ist die Entwicklung einer Toleranz beschrieben, die mit der Dauer der Cannabisverwendung zunimmt. Im Rahmen der Langzeittherapie ist daher mit fortschreitender Einnahme mit einem stetig steigenden Cannabisbedarf zu rechnen.<br />
<br />
Im Weiteren besitzt Cannabis insbesondere dann, wenn es chronisch zu Rauschzwecken eingenommen wird, ein [[Sucht|Abhängigkeitspotenzial]]. Das körperliche Abhängigkeitspotenzial gilt als ähnnlich hoch wie das des [[Koffein und ADHS|Koffeins]].<ref> Gable, R. S. (2006): Acute toxicity of drugs versus regulatory status. In: J. M. Fish (Ed.), Drugs and Society: U.S. Public Policy, Lanham, MD: Rowman & Littlefield Publishers, S.149-162, Diagramm S. 155.</ref> Dabei können bei Abstinenz sowohl psychische Symptome (Angst, [[Müdigkeit und ADHS|Schlaflosigkeit]], Unruhe) als auch körperliche Symptome (Durchfall, Speichelfluss) auftreten. Für Patienten, die chronisch mit Medizinal-Cannabis behandelt wurden, wurden Entzugssymptome bislang allerdings nicht beschrieben.<br />
<br />
==Verfügbarkeit== <br />
[[Image: Canna.jpg|thumbnail|Medizinische Cannabis flos aus einer kalifornischen Ausgabestelle]]<br />
In Deutschland können Cannabis-haltige Arzneimittel [[Off-Label-Use|off-label]] an ADHS-Patienten rezeptiert werden. Eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM ist nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 nicht mehr notwendig, sodass eine Verschreibung nach ärztlichem Ermessen erfolgen kann.<ref>http://www.sueddeutsche.de/news/politik/bundestag-bundestag-gibt-cannabis-als-medizin-auf-rezept-frei-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170119-99-934518</ref> Vom Beschluss begleitet ist auch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Cannabis-Präparaten.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref><br />
<br />
Aktuell können in Deutschland die Cannabinoid-Fertigarzneimittel Sativex<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabiximols</ref> ([[Nabiximols]]), Cesamet<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Nabilon</ref> ([[Nabilon]]) und Marinol<ref>http://www.fda.gov/ohrms/dockets/dockets/05n0479/05N-0479-emc0004-04.pdf</ref> ([[Dronabinol]]) auf Grundlage des § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes<ref>http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__73.html</ref> rezeptiert werden, wobei diese momentan mit Ausnahme von Sativex von Apotheken noch per Einzelimport bezogen werden müssen. Außerdem können Apotheker Dronabinol-haltige Tropfenlösungen oder Kapseln nach ärztlicher Verordnung herstellen. Des Weiteren können auch Medizinal-Cannabisblüten (lat. „''Cannabis flos''“) aus den Niederlanden oder Kanada importiert werden.<br />
<br />
==Präparate==<br />
Die erstmalige Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabis-Extrakts erteilte das BfArM im Jahr 2007. Mittlerweile sind zahlreiche Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoffen rezeptierbar.<br />
<br />
===Nabiximols===<br />
''Hauptartikel: [[Nabiximols]]''<br />
<br />
[[image:svx.jpg|thumbnail|Sativex - ein Sublingualspray mit dem Wirkstoff Nabiximols]]<br />
Das Fertigarzneimittel Sativex ist ein Mundspray, das sich aus Nabiximols, einer Pflanzenextraktmischung aus Blättern und Blüten der Hanfpflanze Cannabis sativa L, zusammensetzt. Zur Anwendung wird das Spray auf die Innenseite der Wange gesprüht; das Tetryhydrocannabinol (THC) wird dann über die Mundschleimhaut resorbiert. Sativex ist in mehreren europäischen Ländern zur Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen, wenn Patienten nicht ausreichend auf eine andere [[Behandlung|Therapie]] angesprochen haben. In Deutschland ist Sativex seit Juli 2011 verfügbar.<br />
<br />
===Nabilon===<br />
''Hauptartikel: [[Nabilon]]''<br />
<br />
[[image:cesamet.jpg|thumbnail|Cesamet (1mg) Kapseln]]<br />
Nabilon ist ein Derivat des Δ9-Tetrahydrocannabinols, das in Deutschland per Betäbungsmittelrezept für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiemetikum für mit Bestrahlungstherapie behandelte Krebspatienten zugelassen ist, jedoch seit 1991 per Einzelimport aus den USA oder Kanada bezogen werden muss.<br />
<br />
Nabilon wurde im Jahr 1975 von [[Eli Lilly and Company (Pharmaunternehmen)|Eli Lilly and Company]] als Tranquilizer und Antiemetikum patentiert. Seit 1983 kann es in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
In den USA sowie in Großbritannien wird Nabilon unter dem Handelsnamen ''Cesamet'' vertrieben, in Österreich ist es als ''Canemes'' rezeptierbar.<br />
<br />
===Dronabinol===<br />
''Hauptartikel: [[Dronabinol]]''<br />
<br />
[[image:marinol.jpg|thumbnail|Marinol (5mg) Kapseln]]<br />
Dronabinol ist ein teilsynthetisch produziertes THC, das bislang in Deutschland nicht zugelassen ist und ausschließlich per Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG aus den USA oder Kanada bezogen werden kann. Dort ist es unter dem Handelsnamen Marinol erhältlich. Seit 1983 kann Dronabinol in Deutschland rezeptiert werden.<ref>http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=58&lng=de</ref><br />
<br />
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften muss Dronabinol aus THC-armem Nutzhanf teilsynthetisch produziert werden, indem Cannabidiol extrahiert und anschließend in THC umgewandelt wird, was die Herstellung des Präparats sehr teuer macht. <br />
<br />
Dronabinol wird meist als Rezeptursubstanz für Kapseln oder als Tropfen zur oralen Einnahme verschrieben.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/fileadmin/nrf/PDF/1-Dronabinol.pdf</ref><br />
<br />
===Medizinal-Cannabisblüten===<br />
[[image:bedrocan1.jpg|thumbnail|Rezeptierte Cannabis flos (Bedrocan)]]<br />
Medizinal-Cannabisblüten (lat. ''Cannabis flos'') sind in einigen Varietäten mit verschiedenen THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol)- und CBD (Cannabidiol)-Nenngehalten seit 2009 über deutsche Apotheken aus den Niederlanden importierbar.<br />
<br />
Dabei stehen folgende Sorten zur Verfügung:<br />
<br />
*Bedrocan (ca. 18 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedica (ca. 14 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannbidiol bis zu 1 %)<br />
*Bedrobinol (ca. 11 % Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol bis zu 1 %)<br />
*Bediol (ca. 6 & Δ9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol ca. 7,5 %)<br />
<br />
Während ein höherer THC-Gehalt analgetisch (schmerzlindernd) und psychotrop wirkt, führt ein höherer CBD-Gehalt weniger zu einem Rauschgefühl und kann zur Linderung von Entzündungen, Krämpfen, Ängsten sowie Übelkeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==Kosten==<br />
Nach einem Beschluss des Bundestags im Januar 2017 sind Cannabis-haltige Arzneimittel in Ausnahmefällen, etwa bei ausgeschöpften First- und [[Off-Label-Use|Second-Line-Optionen]], durch die Krankenkassen erstattungsfähig.<ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-01/cannabis-rezept-medizin-krankenkasse-arzt-legal</ref>. Die Krankenkassen müssen über die Erstattung jeweils im Einzelfall innerhalb von drei Wochen entscheiden. Der Preis pro Gramm beläuft sich auf ca. 22 Euro.<ref>https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/cannabis-verordnung-was-beachten-2032620</ref> Grund dafür ist die derzeitige Einstufung als Rezepturarzneimittel.<ref>https://hanfverband.de/faq/wie-teuer-ist-medizinisches-cannabis-aus-der-apotheke-wie-wird-es-in-den-apotheken-verarbeitet</ref> So kann beispielsweise bei rezeptierten Cannabis flos mit monatlichen Kosten in Höhe von mehreren hundert Euro gerechnet werden.<br />
<br />
Ein Eigenanbau von Cannabis ist ohne Ausnahmegenehmigung nicht gestattet. Bislang ist in Deuschland nur vereinzelt Anträgen auf Selbstanbau stattgegeben worden.<br />
<br />
==Rechtliches==<br />
[[image:Verfahrenseinstellungen Aulinger.png|thumbnail|left|Einstellungen nach §31a Abs. 1 als Anteil der Tatverdächtigen nach allgemeinen Verstößen nach §29 BtMG (Aulinger, 1997).<ref>Aulinger, Susanne: '' Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten'', S.229. Bundesministerium für Gesundheit / Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1997. ISBN: 3-7890-5116-0.</ref> Deutlich werden die gravierenden Unterschiede bei der Handhabung des §31a BtMG in den einzelnen Ländern.]]<br />
<br />
===Strafbarkeit von illegalem Besitz, Anbau und Konsum===<br />
Ohne Verschreibung sind Besitz, Anbau, Einfuhr, Abgabe, etc. von Cannabis, das heißt, von „Pflanzen und Pflanzenteilen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“ und „Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen“, sowie die Tetrahydrocannabinole Δ6a(10a)-THC, Δ6a-THC, Δ7-THC, Δ8-THC, Δ10-THC und ihre stereochemischen Varianten gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Verbindung mit der Anlage I des BtMG verboten und strafbar. Illegal und strafbar bleiben Selbstanbau, Besitz und Erwerb von Cannabinoiden unkontrollierter Herkunft auch dann, wenn dem Patienten eine Verschreibung vorliegt. Nach Franjo Grotenhermen erhöhen sich die Chancen auf einen Freispruch nach illegalem Anbau, wenn das Cannabis im jeweiligen Fall offenkundig dem therapeutischen Zweck dient und aufgrund der nicht zu stemmenden finanziellen Belastung des Apotheken-Cannabis erfolgt.<ref>http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf</ref><br />
<br />
Das BfArM ist aktuell der Auffassung, zur Genehmigung des Patienten-Eigenanbaus sei die Einrichtung einer Cannabisagentur durch die Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Dem widersprachen jedoch das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen, sowie ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Rechtswissenschaftlers Lorenz Böllinger.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/fs-boellinger.htm</ref><br />
[[image:Geringemengen.png|thumbnail|Unterschiedliche Definitionen geringer Mengen Cannabis in den deutschen Bundesländern]]<br />
<br />
Eine Ausnahme stellt der bloße Konsum von Cannabis (und Betäubungsmitteln generell) dar:<ref>http://usualredant.de/tagesrausch/2008-12-18-straffrei-kiffen-in-viersen.html</ref> Dieser gilt rechtlich als „straffreie Selbstbeschädigung“ und bleibt theoretisch straffrei. Dies ist beispielsweise für die rechtliche Bewertung eines positiv ausgefallenen Drogentests von Bedeutung, da von diesem nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. <br />
<br />
Im März 2016 war es im Rahmen einer Anklage wegen Anbaus und Besitzes von einem Kilogramm Cannabis zu einem Freispruch gekommen.<ref>http://www.kanzlei-glathe.de/aktuelles/details/article/sensation-25/</ref> Der Angeklagte, welcher aufgrund seiner [[Diagnostik|ADHS-Diagnose]] und einer Schmerzproblematik angab, das Cannabis für den eigenen Bedarf zu medizinisch-therapeutischen Zwecken zu benötigen, wurde vom Gericht freigesprochen. ''→ Siehe auch: [[Kriminalität und ADHS]]''.<br />
<br />
===Geringe Menge===<br />
Der illegale Erwerb geringer Mengen („Kleinstmengen“), welche offenkundig für den Eigenbedarf vorgesehen sind, führt in der Regel zur Einstellung des Strafverfahrens. Die Definition von Mengen als Kleinstmengen ist in den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland jedoch unterschiedlich geregelt, beispielsweise handelt es sich in Nordrhein-Westfalen bei einer Bruttomenge von 10 g Cannabis um eine Kleinstmenge, in Berlin bei 15 g.<ref>http://www.cannabislegal.de/recht/recht.htm#23</ref> Diese würde bei Entdeckung zwar polizeilich beschlagnahmt werden, der Besitz dieser Grenzmenge würde jedoch voraussichtlich zu einer Einstellung des Strafverfahrens führen, wenn der Konsument nicht bereits häufiger polizeilich in Erscheinung getreten, bzw. als Cannabis-Konsument aufgefallen ist. Für Patienten, welche mit Cannabis therapiert werden und aufgrund der hohen Kosten auf illegal bezogenes Cannabis zurückgreifen, ergibt sich demnach langfristig ein geringeres Risiko eines Strafverfahrens, beispielsweise wenn in mehreren Verkehrskontrollen ein Besitz von Cannabis festgestellt worden ist und dieses in der Originalverpackung der rezeptierten Medikamente transportiert wurde. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang auf die Folgen der Missbrauchsmöglichkeiten gegenüber Patienten hin, die im Gegensatz zu den „Freizeitkonsumenten“ dringend auf die Medikamente angewiesen sind.<br />
<br />
===Teilnahme am Straßenverkehr===<br />
Mit Cannabinoiden behandelte Patienten müssen bei einer Feststellung von THC im Rahmen einer Verkehrskontrolle nicht mit [[Kriminalität|Strafe]] rechnen. Gemäß §24a Abs.2 Satz 2 StVG liegt keine Ordnungswidrigkeit vor, sofern die Substanz der ärztlichen Verordnung entsprechend eingenommen wurde.<ref>http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f9_s781.htm</ref><ref>http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> Beispielsweise darf das Medikament nicht überdosiert eingenommen worden und die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sein. Zur Vorbeugung von Komplikationen, etwa bei Verkehrskontrollen, sowie zur Gewährleistung einer Fortführung der Behandlung auch durch mitbehandelnde Ärzte, kann das Mitführen eines [[ADHS-Ausweis|Patientenausweises]] empfehlenswert sein. Eine Verpflichtung zum Nachkommen eines Urin-Schnelltests im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle besteht überdies nicht, dieser kann straffrei verweigert werden.<ref>https://www.lawblog.de/index.php/archives/2012/06/14/polizei-macht-urintests-am-straenrand/</ref><br />
<br />
Anders stellt sich dies im Falle eines Verkehrsunfalls dar: Kann einem Cannabis-Patienten im Zuge der Unfallaufnahme THC im Blut nachgewiesen werden, wird unabhängig von der vorliegenden Ausnahmeregelung sowie von der gemessenen THC-Konzentration ein Strafermittlungsverfahren eingeleitet, wobei mit einem Entzug der Fahrerlaubnis gerechnet werden muss (§69 StGB),<ref>http://dejure.org/gesetze/StGB/69.html</ref> wobei im Rahmen des Strafverfahrens zu klären ist, inwieweit der festgestellte THC-Wert in einem Kausalzusammenhang mit den festgestellten Auffälligkeiten oder mit dem Unfallgeschehen steht.<ref>vgl. http://archiv.hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/133_juli/s03_0711_theo_reetig.php</ref> ''→ Siehe auch: [[Straßenverkehr|ADHS und Straßenverkehr]]''.<br />
<br />
==Kritik==<br />
[[Martin Winkler]] äußerte sich kritisch über den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS. Zu bedenken gab er die bislang dürftige Studienlage, die noch kein Bild über das Risikopotential der Behandlungsalternative mit Cannabis ermöglicht. Er selbst sei der Meinung, dass es „keine sinnvolle Idee“ sei, „das entwicklungsverzögerte und ohnehin vulnerable ADHS-Gehirn mit Cannabis zu belasten“.<ref>http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/</ref> Er bezweifle in vielen Fällen, dass die therapeutischen Optionen bei Third-Line-Therapieversuchen mit Cannabis tatsächlich ausgeschöpft sind.<br />
<br />
Ein groß angelegtes, systematisches Review, dessen Untersuchung 83 [[Studien]] beinhaltete, wurde im Jahr 2019 veröffentlicht.<ref>https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext</ref> Die Autoren schlussfolgern, dass medizinisch angewendete Cannabinoide keinen Nutzen bei ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung oder [[Depression|Depressionen]] haben. Laut Urteil der Autoren überwiegen die Risiken von Cannabis-Anwendungen dem Nutzen derselben. Ein nachfolgendes Review des Jahres 2020 betonte, dass weiterhin Unklarheiten in Bezug auf den Nutzen und das Nutzen-/Risikoverhältnis in der psychiatrischen Behandlung mit Cannabinoiden bestehen würden.<ref>https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8</ref><br />
<br />
==Siehe auch==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
*[[Behandlung]]<br />
*[[Ginkgo biloba]]<br />
*[[Koffein]]<br />
*[[Homöopathie]]<br />
*[[Medikamente]]<br />
*[[Pharmakotherapie]]<br />
*[[Selbstmedikation]]<br />
*[[ADHS-Ausweis]]<br />
</div><br />
<br />
==Film und Fernsehen==<br />
*[[image:tv.png]][[Cannabis gegen ADHS (Kurzbeitrag)]]<br />
<br />
===Youtube (extern)===<br />
*[[image:yt.png]]Reportage [https://www.youtube.com/watch?v=WOIACz9RR5I „Medical Cannabis and its Impact on Human Health - A Cannabis Documentary“], Youtube-Video, veröffentlicht am 04.02.2013<br />
*[[image:yt.png]]Franjo Grotenhermen: [https://www.youtube.com/watch?v=Je9SQx_0ibE ACM - Von Arzt zu Arzt], Information zur Cannabis-Verschreibung für Ärzte, Youtube-Video, veröffentlicht am 14.08.2015<br />
*[[image:yt.png]]Mitschnitt Fachgespräch [https://www.youtube.com/watch?v=BGqOXlyg0NE ''Cannabis als Medizin''] mit Grotenhermen, Wurth, Tolmein, Vogler, Tempel und Kippling<br />
<br />
==Studien und wissenschaftliche Publikationen==<br />
*[[image:pdf.png]]Sarris, Jerome et.al. (2020): [https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-019-2409-8 Medicinal cannabis for psychiatric disorders: a clinically-focused systematic review]<br />
*Black, Stockings et al. (2019): [https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(19)30401-8/fulltext Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331630315_Social_and_curative_aspects_of_treatment_with_Cannabis_flowers_in_adult_ADHD Social and curative aspects of treatment with Cannabis flowers in adult ADHD]<br />
*[[image:pdf.png]]Cooper, Ruth E. et al. (2017): [https://www.researchgate.net/publication/317275426_Cannabinoids_in_attention-deficithyperactivity_disorder_A_randomised-controlled_trial Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial]<br />
*[[image:pdf.png]]Mitchell, Sweitzer et al. (2016): [http://journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.0156614.PDF "I Use Weed for My ADHD": A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD.]<br />
*[[image:pdf.png]][[Eva Maria Milz|Milz E]]., [[Franjo Grotenhermen|Grotenhermen F]]. (2015): [http://cannabis-med.org/nis/data/file/abstractbook.pdf Successful therapy of treatment resistant adult ADHD with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients]<br />
*Loflin, M. et al (2014): [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24093525 Subtypes of attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and cannabis use.]<br />
*[[image:pdf.png]]Fallbericht (2008): [http://adhspedia.de/Downloads/studien/Cannabis_verbessert_Symptome_der_ADHS.PDF Cannabis verbessert Symptome der ADHS]<br />
<br />
==Weblinks==<br />
*[[image:pdf.png]] Grotenhermen, F. (2017): [https://www.cannabis-med.org/nis/data/file/cannabissorten_inhaltsstoffe.pdf Cannabissorten in Deutschland und ihre Inhaltsstoffe] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [[Zentrales ADHS-Netz]] (2017): [https://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/redakteure/dokumente/stellungnahmen/STN_ADHS_Cannabis.pdf Stellungnahme des zentralen adhs-netzes zum Einsatz von Cannabis als ADHS-Medikation] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170119_02_PM_Cannabis_als_Medizin.pdf Pressemitteilung des BMG vom 19.01.2017: „Gesetz 'Cannabis als Medizin' vom Bundestag einstimmig beschlossen“] (PDF)<br />
*[[image:pdf.png]] [https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/GE_Cannabis_280616.pdf Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften], 28.06.2016 (PDF) <br />
*[[image:pdf.png]] Franjo Grotenhermen: [http://www.cannabis-med.org/german/schutz_straf.pdf Eine Anleitung zum Schutz vor Strafverfolgung für Patienten, die Cannabis verwenden] (PDF), bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[[Martin Winkler|Winkler, Martin]]: [http://news.doccheck.com/de/blog/post/5565-medizinischer-einsatz-von-cannabis-bei-adhs/ Medizinischer Einsatz von Cannabis bei ADHS], Blogbeitrag (DocCheck) vom 05.02.2017<br />
*[http://www.cannabis-med.org/?lng=de Website der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin] <br />
*[http://www.cannabis-med.org/german/studies.htm Liste über Studien und Fallberichte von Cannabis als Medizin], bereitgestellt von [http://www.cannabis-med.org Cannabis-Med]<br />
*[http://www.cannabis-med.org/index.php?tpl=page&id=59&lng=de Gerichtsurteile] (Cannabis-Med)<br />
*RP-Online.de, 29.01.2015, [http://www.rp-online.de/nrw/staedte/dormagen/cannabis-als-medizin-fuer-adhs-kranken-aid-1.4833184 „Cannabis als Medizin für ADHS-Kranken“]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Manfred Fankhauser: Haschisch als Medikament: Zur Bedeutung von cannabis sativa in der westlichen Medizin. Schweizerische Gesellsch. f. Gesch. d. Pharmazie, 2003, ISBN 978-3-9520758-9-0.<br />
*Sabine Fellner, Katrin Unterreiner: Morphium, Cannabis und Cocain: Heilkunst im 19. Jahrhundert. 2. Auflage. Amalthea, 2008, ISBN 978-3-85002-636-9.<br />
*Lester Grinspoon, James B Bakalar: Marihuana. Die verbotene Medizin. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1994, ISBN 978-3-86150-060-5.<br />
*Franjo Grotenhermen, Michael Karus: Cannabis als Heilmittel. Ein medizinischer Ratgeber. Die Werkstatt, 1998, ISBN 978-3-89533-236-4.<br />
*Franjo Grotenthermen, R Saller (Hrsg.): Cannabis und Cannabionoide in der Medizin. In: Forschende Komplementärmedizin. 6, Suppl. 3, Karger, 1999, ISBN 978-3-8055-7014-5.<br />
*Franjo Grotenhermen: Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber zur Anwendung von Cannabis und Dronabinol. AT Verlag, 2004, ISBN 978-3-85502-944-0.<br />
*Franjo Grotenhermen (Hrsg.): Cannabis und Cannabinoide: Pharmakologie, Toxikologie und therapeutisches Potenzial. 2., vollst. überarb. Auflage. Huber, Bern 2004, ISBN 978-3-456-84105-2.<br />
<br />
==Weitere interessante Artikel==<br />
[[image:info.jpg|right]]<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:3; column-count:3;"><br />
<random></random><br />
</div><br />
<br />
==Quellen==<br />
<div class="references-medium" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references /></div><br><br />
[[Image: Weiteremedikamente.png|center|verweis=http://adhspedia.de/wiki/Medikamente]]</div>Drei