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ADHS als soziales Konstrukt

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ADHS-Kritiker Richard Saul

Dieser Artikel behandelt das Thema ADHS als soziales Konstrukt. Allgemeine Informationen über ADHS finden Sie unter Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Siehe auch: Kritik und Kontroversen.

Im Rahmen der Konstrukt-Hypothese der ADHS wird vermutet, dass die beschriebenen Merkmale der ADHS keine wirkliche Pathologie darstellen, sondern vielmehr als erlerntes oder anderweitig bedingtes Verhalten zu bewerten sind, das den sozialen Normen im kulturellen Umfeld nicht oder nur wenig entspricht.[1]

Der Universitätsprofessor und Psychiater Thomas Szasz († 2012) beschrieb die ADHS als eine "Erfindung, und keine Entdeckung".[2][3] Einige Vertreter der Konstrukt-Hypothese scheinen zwar die klinische Validität der ADHS zu akzeptieren, vermuten aber eine Überdiagnostizierung in bestimmten Kulturkreisen.

ADHS als soziales Konstrukt

Der US-amerikanische Psychiater und Psychiatriekritiker Peter Breggin und der britische Psychiater Sami Timimi erachten die Diagnosekriterien der ADHS als eine Pathologisierung von Merkmalen, denen eigentlich kein Krankheitswert zugeschrieben werden sollte. Timimi ist der Auffassung, dass ADHS objektiv keine Störung ist,[4] sondern vermutet in den ADHS-Symptomen Stressreaktionen auf die Umwelt in vor allem der westlichen Welt.[5] Timimi und Breggin sind zudem der Auffassung, dass manche Eltern die ADHS-Diagnose als Vorwand verwenden können, um Erziehungsfehler zu entschuldigen, oder auch Missbrauch an ihren Kindern zu verschleiern.

Ein häufiger Einwand gegenüber der klinischen Diagnose ADHS ist zudem, dass die Verhaltensmerkmale und Auffälligkeiten, die für die ADHS definiert sind, zwar ersichtlich und auch messbar sind, aber im Spektrum gesunden menschlichen Verhaltens liegen und nicht unbedingt den Wert einer psychischen Störung haben (siehe auch: Genetische Normvariante). Allerdings müssen für die Diagnose ADHS und anderer psychischer Störungen deutliche Einschränkungen in der Alltagsbewältigung, im Beruf oder in sozialen Bereichen vorliegen.

In diesem Zusammenhang besteht nach Auffasung der Konstrukt-Hypothese die Möglichkeit, dass die Symptome der ADHS gerade in kulturellen Umfeldern, in denen Ordnung, Zurückhaltung und Selbstregulation hohen Stellenwert haben, verstärkt Schwierigkeiten verursachen, während sie sich in anderen Kulturen weniger schwerwiegend auswirken. Die Pathologisierung und das Labeling der ADHS-typischen Merkmale übertrage demnach die Verantwortung der eigentlich gesellschaftlichen Missstände über klinische Diagnosen auf Einzelpersonen bzw. pathologisierte Minderheiten. Ähnliche Auffassungen vertrat auch der US-amerikanische Psychiater Thomas Szasz.

Medikation

Einige Kritiker sind der Ansicht, dass die Vermeidung schädlicher Umwelteinflüsse und nicht die Medikation bei der Behandlung der ADHS im Vordergrund stehen sollte. Die gesellschaftlichen Erfordernisse und das Schulsystem der westlichen Welt formen nach dieser Auffassung ein Raster, in das sich Kinder und Jugendliche mit den beschriebenen ADHS-Symptomen nur schwer einfügen können. Dieser Umstand führe zu psychischen Störungen. Einige Kritiker vertreten zudem die Ansicht, dass die neurobiologische und genetische Auffassung der ADHS auf von der Pharmaindustrie kolportierten Falschmeldungen beruhe, um den Absatz von Psychopharmaka zu steigern.[6]

Siehe auch: Ritalin-Sammelklagen.

Kritik

Ein Kommentar aus den International Consensus Statements on ADHD:[7]

"Wir können die wissenschaftliche Tatsache kaum genügend hervorheben, dass die Vorstellung, dass es ADHS nicht gibt, einfach falsch ist. Alle führenden medizinischen Vereinigungen und nationalen Gesundheitsbehörden erkennen ADHS als authentische Störung an, weil die zugrunde liegenden wissenschaftlichen Beweise so überwältigend sind [...] Dies steht im auffälligen Kontrast zu den vollkommen unwissenschaftlichen Ansichten von manchen Sozialkritikern in einigen regelmäßig wiederkehrenden Medienveröffentlichungen, wonach ADHS einen Betrug darstellen würde, dass die medikamentöse Behandlung der Betroffenen fragwürdig oder gar tadelnswert sei, und dass irgendwelche mit ADHS zusammenhängende Verhaltensprobleme lediglich das Ergebnis von häuslichen Problemen, zu vielem Fernsehen oder zu vielen Videospielen, falscher Ernährung, Mangel an Liebe und Zuwendung oder Mangel an Toleranz der Lehrkräfte/Schulen wäre".

Bekannte ADHS-Kritiker

Film und Fernsehen

Siehe auch

Literatur

  • Richard Saul, Die ADHS-Lüge: Eine Fehldiagnose und ihre Folgen - Wie wir den Betroffenen helfen, Klett-Cotta; Auflage: 1., Aufl. (21. März 2015), ISBN-13: 978-3608980462
  • Thomas Armstrong, Das Märchen vom ADHS-Kind / 50 sanfte Moeglichkeiten, das Verhalten Ihres Kindes zu verbessern - ohne Zwang und ohne Psychopharmaka, Junfermann Verlag; Auflage: 3 (1. Januar 2007), ISBN-13: 978-3873874947

Weitere interessante Artikel

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Quellen

  1. Parens E, Johnston J (2009). "Facts, values, and Attention-Deficit Hyperactivity Disorder (ADHD): an update on the controversies". Child Adolesc Psychiatry Ment Health 3
  2. Chriss, James J. (2007). Social control: an introduction. Cambridge, UK: Polity. p. 230.
  3. Szasz, Thomas Stephen (2001). Pharmacracy: medicine and politics in America. New York: Praeger. p. 212.
  4. http://bjp.rcpsych.org/cgi/content/full/184/1/8
  5. Timimi, S. & Begum, M. (2006). Critical Voices in Child and Adolescent Mental Health.
  6. Website: http://adhdfraud.net
  7. http://www.zentrales-adhs-netz.de/fileadmin/ADHS/Fuer_Therapeuten/Fachliteratur/Artikel/Deutsche_Uebersetzung_des_International_Consensus_Statements_on_ADHD.pdf


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