Methylphenaxiro
| Methylphenaxiro | |
|---|---|
| Wirkstoff | Methylphenidathydrochlorid |
| Verfügbare Dosierungen |
|
| Darreichungsform | Retardtabletten zur oralen Anwendung (nicht teilbar) |
| Wirkmechanismus | Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (DRI) |
| Hersteller | Medical Valley Invest AB |
Methylphenaxiro ist ein in Deutschland zugelassenes, retardiertes Methylphenidat-Präparat zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Es wird als Retardtablette mit den Wirkstärken 18 mg, 27 mg, 36 mg und 54 mg Methylphenidat-Hydrochlorid angeboten und ist als Betäubungsmittel verschreibungspflichtig.[1][2]
Geschichte und Zulassung
Methylphenaxiro wurde zum 1. Februar 2023 in die deutsche Spezialitätenliste aufgenommen.[3] Hersteller ist Medical Valley Invest AB (Schweden), der Vertrieb in Deutschland erfolgt über die Marke Xiromed.[4]
Das Präparat ist als generisches, multiphasisch freisetzendes Methylphenidat-Retardpräparat eingeführt worden. Für solche Retardtabletten verlangen Arzneimittelbehörden in der Regel Bioäquivalenzstudien gegenüber einem Referenzpräparat (z. B. OROS-Methylphenidat bzw. Concerta).[5]
Wirkstoff und Galenik
Der Wirkstoff von Methylphenaxiro ist Methylphenidat-Hydrochlorid, ein zentralnervöses Stimulans aus der Gruppe der Phenethylamine. Pro Retardtablette sind 18, 27, 36 bzw. 54 mg Methylphenidat-HCl enthalten.[6]
Die Hilfsstoffe (u. a. Celluloseacetat, Natriumchlorid, mehrere Macrogole) entsprechen dem Aufbau multiphasischer, osmotisch gesteuerter Retardtabletten, wie sie für OROS-Methylphenidat beschrieben sind.[7][8] Die Tabletten dürfen nicht zerkaut, geteilt oder zerkleinert werden, da sonst die Retardierung aufgehoben und es zu rascher Wirkstofffreisetzung kommen kann.[9]
Anwendungsgebiete
Methylphenaxiro ist zur Behandlung der ADHS angezeigt und wird stets im Rahmen eines umfassenden therapeutischen Konzepts eingesetzt (z. B. verhaltenstherapeutische, pädagogische und psychosoziale Maßnahmen).[10] Kinder ab 6 Jahren und Jugendliche: Behandlung einer ADHS, wenn alleinige nicht-medikamentöse Maßnahmen unzureichend sind. Erwachsene: Behandlung von ADHS mit Beginn in der Kindheit, wenn die Symptomatik im Erwachsenenalter fortbesteht und andere Maßnahmen nicht ausreichen (gemäß Fach-/Gebrauchsinformation).
Die Diagnose und Therapieführung soll durch in ADHS erfahrene Fachärzte erfolgen. Leitlinien empfehlen Methylphenidat als eine der Erstlinienbehandlungen bei ADHS im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter.[11]
Wirkmechanismus
Methylphenidat hemmt vor allem die Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin über die präsynaptischen Transporter im Striatum und präfrontalen Cortex. Dadurch steigen die extrazellulären Monoaminspiegel an, was als zentraler Mechanismus für die Verbesserung von Aufmerksamkeit, Impulskontrolle und exekutiven Funktionen bei ADHS gilt.[12][13]
Pharmakokinetik
Freisetzungsprofil
Die Retardtabletten von Methylphenaxiro sind als multiphasische Formulierung konzipiert. Es wird zunächst eine kleinere Initialdosis rasch und anschließend eine größere Menge verzögert abgegeben, sodass über etwa einen Schultag bzw. Arbeitstag therapeutische Plasmaspiegel aufrechterhalten werden.[14]
Für das Referenzpräparat OROS-Methylphenidat wurde eine tₘₐₓ von etwa 6–8 Stunden beschrieben, bei insgesamt rund 12 Stunden klinischer Wirkdauer.[15] Bioäquivalenzstudien mit anderen multiphasischen Methylphenidat-Retardtabletten (z. B. Consiv®) gegenüber Concerta zeigen vergleichbare Konzentrations-Zeit-Profile und belegen, dass generische Extended-Release-Formulierungen pharmakokinetisch austauschbar sein können.[16]
Es ist anzunehmen, dass sich Methylphenaxiro – als generisches multiphasisches Methylphenidat-Retardpräparat – an diesen pharmakokinetischen Zielparametern orientiert. Entsprechende Studien sind für dieses Präparat selbst jedoch bislang nicht publiziert.
Metabolisierung und Elimination
Methylphenidat wird vorwiegend durch die Carboxylesterase 1 in der Leber zu Ritalinsäure hydrolysiert, einem pharmakologisch weitgehend inaktiven Metaboliten, der renal ausgeschieden wird.[17]
Wirksamkeit
Zur spezifischen Wirksamkeit von Methylphenaxiro liegen keine eigenständigen publizierten klinischen Studien vor. Die Zulassung beruht – wie bei Generika üblich – auf dem Nachweis der Bioäquivalenz zu einem geeigneten Referenzpräparat sowie auf der Übertragbarkeit der Evidenz zu retardierten Methylphenidat-Formulierungen insgesamt.
Mehrere randomisierte, placebokontrollierte Studien und Metaanalysen zeigen, dass lang wirksame Methylphenidat-Präparate (einschließlich OROS-Methylphenidat) ADHS-Kernsymptome bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit mittleren bis großen Effektstärken reduzieren.[18][19]
Die Wirksamkeit betrifft in diesen Studien neben der Symptomreduzierung auch alltagsnahe Endpunkte wie schulische Leistung, Arbeitsfähigkeit und soziale Funktionsfähigkeit.
Nebenwirkungen und Risiken
Häufige Nebenwirkungen
Das Nebenwirkungsprofil von Methylphenaxiro entspricht im Wesentlichen dem anderer Methylphenidat-Präparate. Häufig berichtet werden:[20][21]
- Appetitminderung und Gewichtsverlust
- Einschlaf- oder Durchschlafstörungen
- Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Übelkeit
- leichter Blutdruck- und Pulsanstieg
- Reizbarkeit, Nervosität
In Leitlinien wird empfohlen, vor und während der Behandlung regelmäßig Gewicht, Größe, Blutdruck, Puls und psychiatrische Symptomatik (z. B. Angst, Affektlabilität, tendenziell psychotische Symptome) zu überwachen.[22]
Seltenere und schwerwiegende Risiken
Zu den seltenen, aber potenziell schwerwiegenden Risiken von Stimulanzien zählen:[23]
- kardiovaskuläre Ereignisse (z. B. plötzlicher Herztod bei vorbestehender Herzerkrankung)
- ausgeprägte Blutdruck- oder Pulsanstiege
- psychiatrische Ereignisse wie Psychosen, Manien, suizidale Gedanken
- Priapismus (anhaltende, schmerzhafte Erektion)
Daher sind eine sorgfältige Anamnese (einschließlich Familienanamnese für Herzerkrankungen und plötzliche Todesfälle) sowie ggf. kardiologische Abklärung vor Therapiebeginn empfohlen.
Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial
Methylphenidat besitzt – wie andere Stimulanzien – ein grundsätzliches Missbrauchspotenzial. Retardierte, multiphasische Formulierungen weisen jedoch aufgrund der langsameren Anflutung und der schlechteren Eignung zum Schnupfen bzw. Injektionsmissbrauch ein geringeres Abhängigkeitspotenzial auf als schnell freisetzende Formen.[24] Methylphenaxiro unterliegt in Deutschland der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung; eine engmaschige ärztliche Kontrolle ist vorgesehen.[25]
Anwendung in der Praxis
Dosierung
Die Dosierung wird individuell titriert. Laut Gebrauchsinformation wird in der Regel mit 18 mg einmal täglich morgens begonnen und in Intervallen schrittweise gesteigert, bis eine wirksame und verträgliche Erhaltungsdosis erreicht ist.[26] Verschiedene Wirkstärken erlauben eine feine Anpassung. Maximale Tagesdosen (gemäß Beipackzettel) liegen typischerweise im Bereich von 54 mg/Tag für Kinder und 72 mg/Tag für Erwachsene, abhängig von Körpergewicht, klinischer Situation und ärztlicher Bewertung.[27]
Die Einnahme erfolgt einmal täglich morgens mit Wasser, unabhängig von den Mahlzeiten. Die Tabletten dürfen nicht geteilt oder zerkleinert werden.[28]
Dauer der Behandlung
Die Behandlung sollte regelmäßig (z. B. jährlich) hinsichtlich Nutzen und Risiken überprüft werden. Leitlinien empfehlen, zeitweise „Drug Holidays“ bzw. Auslassversuche in symptomärmeren Phasen zu erwägen, um unnötige Dauermedikation zu vermeiden.[29]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Apotheken Umschau. Beipackzettel METHYLPHENAXIRO 18 mg Retardtabletten. Abgerufen 2025. https://www.apotheken-umschau.de
- ↑ Gelbe Liste. Neue Präparate zum 01.02.2023 – Methylphenaxiro 18/27/36/54 mg Retardtabletten. 2023. https://www.gelbe-liste.de
- ↑ Gelbe Liste. Neue Präparate zum 01.02.2023 – Methylphenaxiro. 2023. https://www.gelbe-liste.de
- ↑ Apotheken Umschau. Beipackzettel METHYLPHENAXIRO 18 mg Retardtabletten. https://www.apotheken-umschau.de
- ↑ Davanço MG et al. Methylphenidate Multiphasic Release Tablet: Bioequivalence Assessment between Two Formulations Administered under Fasting and Fed Conditions. Pharmaceutics. 2023;15(6):1737. https://doi.org/10.3390/pharmaceutics15061737
- ↑ Apotheken Umschau. METHYLPHENAXIRO 18 mg Retardtabletten – Wirkstoffangaben. https://www.apotheken-umschau.de
- ↑ Apotheken Umschau. METHYLPHENAXIRO 18 mg Retardtabletten – Sonstige Bestandteile. https://www.apotheken-umschau.de
- ↑ Coghill D, Seth S. Osmotic, controlled-release methylphenidate for the treatment of ADHD. Expert Opin Pharmacother. 2006;7(15):2119–2138. https://doi.org/10.1517/14656566.7.15.2119
- ↑ Apotheken Umschau. Beipackzettel METHYLPHENAXIRO 18 mg Retardtabletten – Dosierung & Anwendung. https://www.apotheken-umschau.de
- ↑ Apotheken Umschau. METHYLPHENAXIRO 18 mg Retardtabletten – Anwendungsgebiete. https://www.apotheken-umschau.de
- ↑ Katzman MA, Sternat T. A review of OROS methylphenidate (Concerta®) in the treatment of attention-deficit/hyperactivity disorder. CNS Drugs. 2014;28(11):1005–1033. https://doi.org/10.1007/s40263-014-0175-1
- ↑ Coghill D, Seth S. Osmotic, controlled-release methylphenidate for the treatment of ADHD. Expert Opin Pharmacother. 2006;7(15):2119–2138. https://doi.org/10.1517/14656566.7.15.2119
- ↑ Katzman MA, Sternat T. A review of OROS methylphenidate (Concerta®) in the treatment of attention-deficit/hyperactivity disorder. CNS Drugs. 2014;28(11):1005–1033. https://doi.org/10.1007/s40263-014-0175-1
- ↑ Coghill D, Seth S. Osmotic, controlled-release methylphenidate for the treatment of ADHD. Expert Opin Pharmacother. 2006;7(15):2119–2138. https://doi.org/10.1517/14656566.7.15.2119
- ↑ Modi NB, Lindemulder B, Gupta SK. Single- and multiple-dose pharmacokinetics of an oral once-a-day osmotic controlled-release OROS® formulation of methylphenidate in children with attention-deficit/hyperactivity disorder. J Clin Pharmacol. 2000;40(4):379–388. https://doi.org/10.1177/00912700022009080
- ↑ Davanço MG et al. Pharmaceutics. 2023;15(6):1737. https://doi.org/10.3390/pharmaceutics15061737
- ↑ Coghill D, Seth S. Expert Opin Pharmacother. 2006;7(15):2119–2138. https://doi.org/10.1517/14656566.7.15.2119
- ↑ Coghill D, Banaschewski T, Zuddas A et al. Systematic review of quality of life and functional outcomes in studies of extended-release methylphenidate in ADHD. BMC Psychiatry. 2013;13:237. https://doi.org/10.1186/1471-244X-13-237
- ↑ Katzman MA, Sternat T. CNS Drugs. 2014;28(11):1005–1033. https://doi.org/10.1007/s40263-014-0175-1
- ↑ Apotheken Umschau. METHYLPHENAXIRO 18 mg Retardtabletten – Nebenwirkungen. https://www.apotheken-umschau.de
- ↑ Graham J et al. European guidelines on managing adverse effects of medication for ADHD. Eur Child Adolesc Psychiatry. 2011;20(1):17–37. https://doi.org/10.1007/s00787-010-0140-6
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- ↑ Coghill D, Seth S. Expert Opin Pharmacother. 2006;7(15):2119–2138. https://doi.org/10.1517/14656566.7.15.2119
- ↑ Apotheken Umschau. METHYLPHENAXIRO 18 mg Retardtabletten – Abgabeform Betäubungsmittel. https://www.apotheken-umschau.de
- ↑ Apotheken Umschau. METHYLPHENAXIRO 18 mg Retardtabletten – Dosierung & Anwendung. https://www.apotheken-umschau.de
- ↑ Apotheken Umschau. METHYLPHENAXIRO 18 mg Retardtabletten – Dosierungsangaben. https://www.apotheken-umschau.de
- ↑ Apotheken Umschau. Beipackzettel METHYLPHENAXIRO 18 mg Retardtabletten – Anwendungshinweise. https://www.apotheken-umschau.de
- ↑ Graham J et al. Eur Child Adolesc Psychiatry. 2011;20(1):17–37. https://doi.org/10.1007/s00787-010-0140-6