Mehr Sicherheit für ADHS-Patienten
Medikamenten-Ausweis nach § 4 Abs. 3 BtMG
Dieser Artikel befasst sich mit der Epidemiologie der ADHS. Während in Deutschland mit einer Prävalenzrate von 3-5 % gerechnet werden kann, ist die transnationale Bevölkerungsprävalenz variabel. Insbesondere hinsichtlich der ADHS im Vorschulalter und der ADHS bei Senioren ist die Datenlage gegenwärtig noch gering.
2006 wurde in Deutschland eine umfangreiche Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen durchgeführt.[1] Bei 14.836 Kindern und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren wurden die Prävalenzdaten zu ADHS erhoben, wobei allerdings auf eine bestehende ärztliche Diagnose abgestellt wurde, sodass für Bestandsfälle die diagnostische Prävalenz und nicht die Feldprävalenz ermittelt wurde. Je nach Altersgruppe lag die Prävalenz bei bis zu 2,9% der Vorschulkinder und bis zu 7,9% bei Jugendlichen. Dabei wird die Diagnose bei Jungen zwei- bis viermal häufiger vergeben als bei Mädchen.
Die Prävalenzraten von ADHS hängen von verschiedenen Faktoren ab:
1.) Alter – ADHS betrifft alle Altergruppen und die ADHS-Prävalenzraten variieren zwischen dem Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter.[2]
2.) Geschlecht – ADHS scheint (insbesondere im Kindes- und Jugendalter) häufiger diagnostiziert zu werden, wenn das männliche Geschlecht vorliegt.[3]
3.) Präsentation (Subtyp) – bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen scheint die vornehmlich unaufmerksame Präsentation am häufigsten vorzuliegen[4]
4.) ADHS wird häufig von Komorbiditäten begleitet.[5] Dieser Umstand kann das Verständnis um die wahren Prävalenzraten von ADHS verkomplizieren.
Prävalenz nach DSM-IV. Siehe Polanczyk et al. (2007).[6]
Prävalenz | Häufigkeit |
---|---|
Europa | 4,8 % |
Nordamerika | 7 % |
Asien | 4 % |
Südamerika | 12 % |
Afrika | 8,5 % |
Mittlerer Osten | 2,5 % |
Prävalenz nach DSM-IV. Siehe Fayyad et al (2007).[7]
Prävalenz | Häufigkeit |
---|---|
Transnational | 3,4 % |
Belgien | 4,1 % |
Deutschland | 3,1 % |
Frankreich | 7,3 % |
Italien | 2,8 % |
Kolumbien | 1,9 % |
Libanon | 1,8 % |
Mexiko | 1,9 % |
Niederlande | 5,0 % |
Spanien | 1,2 % |
USA | 5,2 % |
Gemäß aktueller wissenschaftlicher Reviews sind die transnational variierenden Prävalenzangaben nicht per se durch den geographischen Ort zu erklären. Vielmehr seien etwa die jeweils angewendeten wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden, variierende Kultur- und Umweltbedingungen und die jeweils verwendeten Diagnosemanuale verantwortlich. So fand eine weltweite Meta-Analyse mit 86 Studien (ADHS bei Kindern und Jugendlichen) keine signifikanten transnationalen Unterschiede in der Prävalenz von ADHS.[8] Eine nachfolgendes Review mit 102 Studien konnte ebenfalls keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Faktor Land und transnational unterschiedlichen Prävalenz-Schätzungen finden. Es wird daher geschlussfolgert, dass es sich bei ADHS nicht um ein soziales Konstrukt handelt, welches zum Beispiel besonders häufig in Industriestaaten anzutreffen wäre.[9]
Die Verwendung unterschiedlicher Diagnosemanuale scheint einen Einfluss auf die Prävalenzangaben zu haben. So ergab ein Update zweier systematischer Reviews und Metaregressionsanalysen, dass sich basierend auf DSM-III und ICD-10 um 2,42 % und 4,09 % niedriegere Prävalenzraten ergaben, als basierend auf DSM-IV (p=0,044 und p=0,009).[10]
Aufgrund der starken Zunahme von ADHS-Diagnosen seit den 1990er Jahren wurde vielfach die Befürchtung geäußert, dass die Diagnose zu oft gestellt werde. Eine Untersuchung des Jahres 2007, die sich gezielt mit dieser Frage auseinandersetzt, konnte hierfür jedoch keine Belege finden.[11]
Eine im Jahr 2014 durchgeführte Analyse umfangreicher Daten von 1976 bis 2013 brachte hervor, dass viele Betroffene, die von einer Behandlung profitiert hätten, keine Diagnose und somit auch keine Therapie erhalten hatten.[12]