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Psychoedukation

Aus ADHSpedia
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Psychoedukation bezeichnet die Aufklärung von Menschen, die an einer psychischen Störung leiden. Ziel der Psychoedukation ist, dass Betroffene ihre Krankheit besser verstehen und mit ihr umgehen können. Psychoedukative Maßnahmen bilden in der Verhaltenstherapie oftmals die Grundlage für anschließende Behandlungsschritte. Oftmals empfiehlt sich auch ein Einbezug des relevanten psychosozialen Umfelds des Patienten.

Im Rahmen der multimodalen ADHS-Behandlung wird Psychoedukation von den meisten Fachverbänden weltweit als fester Behandlungsbestandteil angesehen und empfohlen.

Psychoedukation bei ADHS

Setting

Psychoedukation kann im Einzelgespräch oder im Gruppensetting durch Ärzte, Psychologen, geschultem Pflegepersonal oder Dipl.-Sozialpädagogen durchgeführt werden. Im Gruppensetting, in dem mehrere Patienten gemeinsam über ihre Erkrankungen informiert werden, kann der mögliche Erfahrungsaustausch zwischen den Betroffenen förderlich für den Heilungsprozess sein, wobei sich nicht jeder Patient für einen Austausch in der Gruppe geeignet oder bereit fühlt. Im Einzelsetting kann eher auf die individuelle Situation sowie die individuelle Symptomatik des Patienten eingegangen werden.

Psychoedukative Informationen werden in begrenztem Rahmen auch von Versorgungsnetzen (zum Beispiel des Zentralen ADHS-Netzes) sowie Selbsthilfeverbänden und -Vereinen wie dem ADHS Deutschland e.V. angeboten. Beachtet werden sollte hier jedoch, ob die jeweilige Organisation unabhängig von bestimmten Interessengruppen (Pharmafirmen, Anbieter bestimmter Therapieverfahren) arbeitet.

Aufklärung über Ursachen, Verlauf und Therapiemöglichkeiten

Psychoedukation ist ein zentraler Baustein aller Therapieprogramme der ADHS. Im Optimalfall ist die Psychoedukation bereits in die Leitliniendiagnostik integriert und folgt auf die positiv gestellte ADHS-Diagnose.

Für die Betroffenen ist es hilfreich, wenn ein integratives Konzept vermittelt wird, das die verschiedenen Entstehungshypothesen (Genenetik, mögl. neurobiologische Wurzeln, mögl. Rolle von Dopamin und Noradrenalin, soziale Faktoren etc.) sowie die Aufrechterhaltungsbedingungen aufzeigt. Dabei sollten auch die intrapsychischen Konsequenzen (Selbstwert, Selbstwirksamkeit) in den Kontext gesetzt und besprochen werden. Ebenfalls hilfreich ist, das theoretische Wissen auf konkrete praktische Situationen zu beziehen, die der Patient von sich kennt. Diese Erstellung eines sogenannten individuellen Krankheitsmodells ist wichtig, um dem Patienten eine Vorstellung davon zu ermöglichen, in welche Lebensbereiche seine ADHS-Symptomatik über welche Zeiträume eingreifen kann, und wo das symptomatische Wirkspektrum seine Grenzen hat.

Da ADHS häufig mit Komorbiditäten, wie sekundären Depressionen verbunden ist, empfiehlt sich hier auch eine differenzierende Psychoedukation, die auf die jeweiligen Auswirkungen der miteinander konfundierten Störungsbilder eingeht.

Weiterhin sind eine Darstellung der verschiedenen Therapiemöglichkeiten, darunter leitliniengemäß Psychotherapie und Pharmakotherapie, Bestandteile der Psychoedukation.

Psychoedukation des sozialen Umfelds

Der Aufklärung des näheren Umfelds über die ADHS-Symptomatik und die individuelle Leidenssituation des Patienten kommt besondere Bedeutung zu. Hier gilt es sich zu vergegenwärtigen, dass ein Großteil der diagnostizierten Menschen meist bereits eine lange Leidensgeschichte hinter sich hat, die durch Misserfolge, Entmutigung und Frustration geprägt ist. Wenn die Symptome bereits im Kindesalter in entsprechender Ausprägung vorhanden waren, hat der von der Umwelt zusätzlich verstärkter Leidensdruck bereits sehr früh begonnen. Aufgrund der oftmals schwankenden Symptomatik sind die Betroffenen durchaus zu Konzentrations- und anderen kognitiven sowie Gedächtnisleistungen in der Lage, weshalb vom Umfeld eine erhebliche, irritierende Diskrepanz wahrgenommen wird. In der Folge kommt es oftmals zur Stigmatisierung der Betroffenen als "unzuverlässig", "unberechenbar" oder "jähzornig". Für die Betroffenen wird die Diagnosestellung deshalb als Erleichterung wahrgenommen, da sich nun Erklärungen für die oftmals lebenslangen Schwierigkeiten bieten. Aufgrund dessen ist eine differenzierende Aufklärung über die Möglichkeiten, aber auch über die Grenzen der Therapie und der Lebensgestaltung mit ADHS wichtig, auch um einem empfundenen Krankheitsgewinn entgegenzuwirken.

Mögliche Risiken

Im individuellen Patientenkontext sollten auch mögliche Risiken berücksichtigt werden. Gerade bei der ADHS, die als umstrittenes und heterogenes Störungsbild gilt, sollte eine empirisch bestmöglichst belegte Auswahl an Entstehungsmodellen und Therapiemöglichkeiten für das Psychoedukationsgespräch gegenübergestellt werden. Dies dient auch der Vorbeugung eines minderwertigen oder eingeschränkten Informationsniveaus der Betroffenen, da hierfür das Risiko besonders hoch ist, wenn beispielsweise eigene Internetrecherchen betrieben werden.

Darüber hinaus sollte die Psychoedukation inhaltlich entsprechend des momentanen psychischen Zustands des Patienten gestaltet werden, da die detaillierten Informationen über die Krankheit, Heilungschancen und Therapiemöglichkeiten den Betroffenen und dessen Angehörige unter Umständen stark belasten können.

Wird eine vollständige Patientenaufklärung angestrebt, sollte darauf geachtet werden, die Betroffenen nicht mit zu vielen Informationen zugleich zu überfordern.

Siehe auch

Literatur

  • D’Amelio R., Retz W., Philipsen A., Rösler M. (Hrsg.) (2008) Psychoedukation und Coaching ADHS im Erwachsenenalter. Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen. München: Elsevier
  • Fabian Härtling, Peter M. Wehmeier, KAPPE: Kurzes ADHS Psychoedukationsprogramm für Eltern, ISBN: 978-3-13-154661-6
  • Behrendt, B. Schaub. A. (Hrsg.) 2005 Handbuch Psychoedukation und Selbstmanagement. Verhaltenstherapeutische Ansätze für die klinische Praxis. Tübingen: DGVT-Verlag.
  • Berger H, Friedrich J & Gunia H (2004) Psychoedukative Familienintervention (PEFI). Stuttgart: Schattauer.

Weblinks

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