Koffein und ADHS
Aufgrund der bislang geringen Datenlage und da systematische Reviews fehlen, lassen sich aktuell keine zuverlässigen Aussagen über die Wirkung von Koffein bei ADHS treffen.[1] Verschiedene Untersuchungen haben lediglich eine deutliche Überlegenheit von Psychostimulantien (insbesondere Methylphenidat) gegenüber Koffein aufzeigen können.[2][3] Eine Crossover-Studie mit 29 Kindern, welche die Wirkungen von Koffein, Methylphenidat und Dextroamphetamin überprüfte, konnte seitens Koffein keine Placebo-Überlegenheit feststellen.[4] Koffein stellt daher nach aktuellen Erkenntnissen keine Behandlungsalternative zu Psychostimulantien dar.
Selbstmedikation
Eine groß angelegte Studie von Ágoston et al. (2022) untersuchte, ob Koffeinkonsum bei Personen mit ADHS-Symptomen eine Form der Selbstmedikation darstellen könnte, wie sie bei ADHS-Betroffenen häufig in Zusammenhang mit anderen missbrauchsfähigen Substanzen anzutreffen ist.[5] Ziel war es, die Zusammenhänge zwischen ADHS-Symptomen, Koffeinkonsum, dem Vorliegen einer Koffeinabhängigkeit (Caffeine Use Disorder, CUD) und dem psychologischen Wohlbefinden zu analysieren. Die Ergebnisse zeigten, dass weder die Art des konsumierten koffeinhaltigen Getränks noch die tägliche Koffeinmenge in einem signifikanten Zusammenhang mit dem Ausmaß der ADHS-Symptome standen. Diese Befunde sprechen gegen die Annahme, dass Koffeinkonsum bei ADHS-Symptomen eine selbstmedikative Funktion erfüllt. Stattdessen deuten sie darauf hin, dass Personen mit ausgeprägteren ADHS-Symptomen ein höheres Risiko für eine problematische Koffeinnutzung aufweisen und dass sowohl ADHS-Symptome als auch Koffeinabhängigkeit mit einem verminderten Wohlbefinden assoziiert sind.
Paradoxe Reaktionen
Koffein kann, wie zahlreiche andere Substanzen, bei ADHS-Betroffenen eine paradoxe Reaktion hervorrufen.[6] Anstatt der eigentlich erwarteten Effekte erhöhter Wachheit und besserer Kognition werden dann gegenteilige Effekte, beispielsweise beruhigende Wirkungen, erreicht. Paradoxe Wirkungen treten jedoch nicht in allen Fällen zuverlässig vorhersehbar, und nicht bei allen Menschen mit ADHS auf. Bei Menschen mit ADHS, bei denen Koffein keine paradoxe Wirkung hat, kann Koffein deshalb zu einer Verstärkung insbesondere der Symptome Hyperaktivität und Impulsivität führen. Außerdem können sich vorhandene Schlafstörungen verschlechtern.
Studie zu Neuro-Enhancement mit Methylphenidat bei Schachspielern
Für Aufsehen sorgte im Jahr 2017 eine Studie der Universität Mainz, bei der die Spielleistungen von Schachspielern unter Methylphenidat, sowie auch unter Modafinil und Koffein mit den Leistungen von Spielern verglichen wurden, die nicht unter Stimulanzieneinfluss standen. Im Ergebnis zeigte sich eine deutliche Steigerung der Spielleistungen unter dem Einfluss aller im Experiment verwendeten Substanzen.[7] Die Ergebnisse konnten die geringe Spezifität der Stimulanzienwirkungen deutlicher als bisher belegen, sie belegen jedoch keinen geringeren therapeutischen Nutzen für Erkrankte.
Siehe auch
Weblinks
- Spektrum.de: Die Macht des Kaffees und der Zigaretten
- Ärzteblatt: Paradoxe Reaktion bei ADHS
- Wikipedia: Allgemeine Informationen über Koffein
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Einzelnachweise
- ↑ https://www.sciencebasedmedicine.org/caffeine-for-adhd/
- ↑ http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1094842?dopt=Abstract
- ↑ http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/469108?dopt=Abstract
- ↑ http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/365123?dopt=Abstract
- ↑ Ágoston, C., Urbán, R., Horváth, Z., Van den Brink, W. & Demetrovics, Z. (2022). Self-Medication of ADHD Symptoms: Does Caffeine Have a Role? Frontiers in Psychiatry, 13. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2022.813545
- ↑ http://www.aerzteblatt.de/archiv/100940/Paradoxe-Reaktion-bei-ADHS
- ↑ http://www.europeanneuropsychopharmacology.com/article/S0924-977X(17)30019-6/abstract